Ein wahrer Alleskönner
Dieser junge Mann hat Schlagzeilen gemacht, kaum eine Hauptstadtzeitung, die nicht über ihn berichtete. Thomas Barthelmes, so sein Name, ist Koch von Beruf und Geschäftsführer des Neuköllner Schwabylon, einer ziemlich angesagten Spätzleschmiede in der Pannierstraße.
Der 34-Jährige kommt zwar nicht aus dem Ländle, sondern aus dem benachbarten Bayern, hat aber sein Handwerk im Münchner Seehaus gelernt, einem Restaurant mit Biergarten und Bankettsaal im Englischen Garten – und das sagt einiges. Wer hier am Herd stand, musste vieles drauf haben, von Grand Cuisine bis Knödelküche.
Das prägt, und so kochte Barthelmes nach einem Gastspiel in Australien und dem Umzug nach Berlin italienisch in der Lavanderia Vecchia, alpenländisch im Katerschmaus und seit einem Jahr eben schwäbisch im Schwabylon. Die dort verabreichten Linsen und Spätzle waren aber natürlich nicht der Grund für das mediale Interesse an Thomas Barthelmes.
Auf die Wurst gekommen
Nein, es waren drei Bratwurstkreationen, die Aufmerksamkeit erregten und die er nun – pünktlich zur Grillsaison – mit einigem Stolz präsentiert. Wie Barthelmes ausgerechnet zum Wurstmacher wurde, wollen wir wissen. „Zufall“, erzählt er lächelnd, „in meiner Nachbarschaft auf der Sonnenallee gab es einen Thai-Imbiss. Dort haben sie für den Eigenbedarf Bratwurstschnecken gemacht, und weil ich Stammgast war, durfte ich mal probieren. Die Aromatik – Chili, Ingwer, Limette, Zitronengras – weckte dann meine kulinarische Neugier.“
Der Küchenprofi startete eigene Experimente am heimischen Herd, von Anfang an mit Wildfleisch übrigens, verteilte Proben im Freundeskreis, bekam viel Zuspruch und beschloss schließlich, es nicht bei gelegentlichen Versuchen zu belassen. Und weil er der Typ ist, der Angefangenes auch zu Ende bringen will, absolvierte er zudem – neben seinem Geschäftsführerjob – noch ein Fleischereipraktikum in einem traditionellen Berliner Handwerksbetrieb.
Dermaßen vorbereitet suchte er nun einen Produzenten für seine Wildbratwürste. „Das war schwieriger als ich es mir gedacht hatte“, sagt er, „sechs Fleischereien habe ich meine Zutaten und Rezepte zur Verfügung gestellt, und sechsmal schmeckte das Ergebnis völlig anders, allerdings nie so, wie ich es gerne gehabt hätte.“ In der Landfleischerei Hennickendorf im Brandenburger Landkreis Teltow-Fläming fand Barthelmes schließlich die Partner, die er gesucht hatte.
Die Wurstprofis, die auch etliche eigene Spezialitäten – etwa die Hennickendorfer Stifte – an den Start bringen, wolfen das Wildschweinfleisch und einen Anteil Bauchspeck vom Hausschwein je zur Hälfte grob und fein und achten darauf, dass nur so viel Salz in das Brät kommt wie unbedingt nötig. „Wer gutes Fleisch verarbeitet, muss keine Mängel mit Salz überdecken“, heißt es. Konservierungsstoffe, Stabilisatoren und künstliche Geschmacksverstärker sind in Barthelmes Wildwürsten ohnehin tabu.
Mehr als nur Fleisch
Dafür punkten seine Kreationen umso mehr mit den subtil komponierten Gewürzzugaben. Beim „Wilden Klassiker“ sind es Majoran, Wacholder und Piment, bei den beiden exotischeren Sorten Zitronenthymian, Petersilie, Knoblauch und Parmesan bzw. Ingwer, Mandarinenschale und das aus der chinesischen Küche bekannte Fünf-Gewürze-Pulver (Fenchelsamen, Nelken, Szechuanpfeffer, Sternanis, Zimt).
Natürlich kennt Barthelmes das dem Dichter Jean Paul zugeschriebene Bonmot, dass Wurst eine Götterspeise sei, weil nur Gott wisse, was hinein komme – anfangen allerdings kann er damit nicht viel. „Wer seine Wurst dort kauft, wo man den Metzger noch zu sehen bekommt, ist ziemlich auf der sicheren Seite“, sagt er. Irgendwie erinnert das alles ein bisschen an den Wurstkosmos des Düsseldorfer Kultmetzgers und ungekrönten deutschen Bratwurstkönigs Peter Imhofen und dessen ungewöhnliche Kreationen…
Heiß begehrt und rasch verzehrt
Grillpremiere fürs große Publikum feierte Barthelmes Wilde Wurst am ersten Aprilsonntag auf dem Neuköllner Flowmarkt. Sicher, man hätte sich für den ersten Auftritt der Spezialität einen geeigneteren Platz vorstellen können als den zwischen Tand und Tinnef (die Wochenmärkte auf dem Karl-August- oder Kollwitzplatz etwa), aber der Bratwurst-Kreateur nahm’s gelassen: „Das kann ja alles noch werden.“
Dennoch: Das, was da frisch vom Grill in die Bekarei-Brötchen kam, war saftig, knackig und rundum gut gebräunt, roch appetitlich und schmeckte fleischig und in unserem Fall auch noch leicht zitronig. Das Gros der Kunden jedenfalls teilte unser Urteil: Die Wilde Wurst hat das Zeug zu einer starken Marke.
WILDE WURST
Karl-Kunger-Straße 25
12435 Berlin-Treptow
Tel. 0179 – 453 31 02
www.wildewurst.berlin