Das Knäckebrot hat Tradition
Obwohl Friederike und Thomas Herold erst seit knapp eineinhalb Jahren als Händler auf dem Winterfeldtmarkt tätig sind, haben sie sich schon einen Namen gemacht. Regelmäßige Marktgänger nennen sie „die Knäckis“ – Anspielung auf das, was sie an ihrem Stand anbieten. Friederike und Thomas Herold backen und verkaufen Knäckebrot. Und die Zahl der Fans, die sich Samstag für Samstag an ihrem kleinen Stand einfinden, beweist, wie gut sie ihre Sache machen.
Friederike und Thomas Herold staunten nicht schlecht, als wir ihnen von Wilhelm Kraft und seinen Deutschen Knäckebrotwerken erzählten. Nein, davon hatten sie noch nie gehört, weder von dem Mann noch von seinem Unternehmen. „Wir glaubten bisher, dass wir die ersten seien, die in Berlin Knäckebrot professionell herstellen“, so Friederike Herold. Und ihr Mann fügt hinzu: „Damit müssen wir uns mal genauer beschäftigen, denn eine Tradition fortzusetzen, das ist ja auch nicht schlecht, obwohl die Schuhe, in die wir da steigen, schon ziemlich groß sind.“
Die Knäckis
Wie kommt ein Ehepaar dazu, eine Knäckebrotkarriere zu starten, wenn beide Partner durchaus anspruchsvolle, krisenfeste und sicher auch ordentlich dotierte Jobs haben? Friederike Herold, 60, diplomatierte Wirtschaftswissenschaftlerin, arbeitet als Angestellte in der Berliner Finanzverwaltung; ihr Mann Thomas, 54, studierte Betriebswirtschaftslehre, ist als Finanzbeamter im gleichen Haus tätig und trägt sogar den Titel Senatsrat.
Wie also kommen zwei Menschen, die beruflich derart seriös unterwegs sind, auf die Idee, in großem Stil Knäckebrot zu backen und sich bei Wind und Wetter auf einen Wochenmarkt zu stellen, um es zu verkaufen? „Erstmal“, so der Herr Senatsrat, „ist das eine angemeldete, bestätigte, also ganz offizielle Nebentätigkeit.“ Etwas anderes hätten wir uns bei einem Berliner Spitzenbeamten auch nicht vorstellen können.
Auf die Idee kommt es an
„Es begann während des Lockdowns in Frühjahr 2020“, erzählt Friederike Herold, „wir waren im Home-Office und haben einfach zu viel genascht, Chips, Cracker, Schokolade, das konnte so nicht weitergehen.“ Sie suchten eine Alternative für den kleinen Hunger zwischendurch und landeten beim guten alten Knäckebrot. Algorithmisches Arbeiten gewohnt, gingen sie ans Werk – Schritt für Schritt. Der ernährungsphysiologischen Information folgte die Zutatenbeschaffung und der wiederum erste Tests am heimischen Herd.
Den Einwand, dass Knäckebrot doch in jedem Supermarkt zum Standardsortiment gehöre, kontern Friederike und Thomas Herold mit einer klaren Ansage: „Wir wollten keine Massenware mit uniformem Geschmack, sondern ein Knäckebrot, das mit außergewöhnlichen Zutaten punktet. Wenn schon, denn schon.“ Sie experimentierten mit diversen Saaten sowie Paprika, Knoblauch, Roten Beten und Wasabi, verzichteten auf Zucker und künstliche Würzmittel und verwendeten Salz nur sparsam. „Family & Friends waren begeistert und entwickelten sich schnell zu Stammkunden. ‚Suchtpotenzial‘ und ‚gesunder Sattmacher‘ waren die häufigsten Feedbacks“, notierten sie damals.
Mutig voran
Und weil so viel Lob mutig macht, planten Friederike und Thomas Herold die nächsten Schritte. Sie mieteten sich in eine moderne Produktionsküche nahe des Alexanderplatzes ein, beschafften notwendige Gerätschaften, organisierten vertrauenswürdige Lieferanten und machten ihr knackiges Backwerk schließlich öffentlich. Am dritten Augustsamstag 2020 standen sie zum ersten Mal auf dem Winterfeldmarkt, einem Treffpunkt durchaus anspruchsvoller Verbraucher und staunten nicht schlecht.
Ihre Kostproben kamen an: „Gesund, praktisch, herrlich dünn, geschmacklich umwerfend.“ Selbst einige knäckebrotvertraute Nordeuropäer waren schier aus dem Häuschen ob der geschmacklichen Vielfalt des Heroldschen Angebotes. „Tatsächlich haben wir 25 Rezepturen erdacht, getestet und für gut befunden“, so Friederike Herold, „die wir allerdings nicht jeden Samstag auch komplett offerieren.“
Es gibt Algen-Knäcke, Feta-Thymian-Knäcke, Rote-Bete-Wasabi- und Sesam-Chili-Knäcke, Apfel-Vanille-Kardamom- und Preiselbeer-Schoko-Knäcke und für die kulinarischen Puristen natürlich auch den ultimativen Klassiker lediglich aus Roggenvollkornschrot, Wasser und Salz.
Fazit: Ein ziemlich ungewöhnliches Start-up – was seine Gründer und deren Motive betrifft – hat es binnen eines Jahres geschafft, das Knäckebrot von seinem altbackenen Image zu befreien.
Berliner Knäckebrot-Manufaktur
auf dem Winterfeldtmarkt
(Samstag, 8.00 Uhr – 16.00 Uhr)
Onlineshop: www.knaeckezeit.berlin
Mehr zu Knäckebrot finden Sie hier: Wie das Knäckebrot nach Berlin und somit ganz Deutschland kam