So gut kann Brot sein – Stippvisite in der Johann Bäckerei

Brot in aller Munde

Passionierte Weintrinker kaufen ihren Riesling, Chablis oder Merlot natürlich beim Weinhändler ihres Vertrauens und nehmen dafür klaglos auch längere Anfahrten in Kauf. Nicht minder leidenschaftliche Brotesser sind anders gestrickt. Sie haben locker die Namen der besten Handwerksbäckereien drauf, holen sich ihr Brot am Ende aber doch dort, wo es am naheliegendsten ist.
Umso verständlicher die Aussage einer Kundin, mit der wir an einem Samstagmorgen in der Schlange vor der Johann Bäckerei in der Schöneberger Gleditschstraße stehen. „Etwas Besseres als diese Backstube konnte unserem Kiez nicht passieren“, sagt sie im Brustton der Überzeugung. Der Rest der Wartegemeinschaft nickt zustimmend.

 

Wie ist alles entstanden?

Im Sommer 2022 übernahm der Bäcker- und Konditormeister Johann Kreter den leer- stehenden Laden zwischen Winterfeldtplatz und Akazienkiez und begann ihn für seine Bedürfnisse umzubauen. „Dreieinhalb Monate hat die Aktion gedauert“, erklärte er, „an manchen Tagen waren acht Gewerke gleichzeitig zugange.“ Kosten 380.000 Euro.

Wie alles anfing

Der 37-jährige Berliner begann seine Laufbahn mit einer Konditorlehre bei Aux Délices Normands in Zehlendorf, der sich die Ausbildung zum Bäcker im gleichen Betrieb anschloss. Die Wanderjahre führten Johann Kreter ins Grand Hotel Heiligendamm nach Mecklenburg-Vorpommern und nach Feldkirch im westlichsten Zipfel des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg. „Der Job dort in einer traditionellen Handwerksbäckerei, hat mir viel gebracht“, so Kreter, „weil da etliche Einflüsse zusammenkamen – die Schweizer Backtradition, die süddeutsche Laugenbäckerei, die vielen klassischen Dinkelgeschichten…“. Im nahen Friedrichshafen am Bodensee absolvierte er die Meisterschule im Bäckerhandwerk. Dann die Rückkehr nach Berlin, Meisterprüfung als Konditor, Abschluss als Betriebswirt des Handwerks, Arbeit in verschiedenen hauptstädtischen Betrieben – immer die Selbstständigkeit im Blick. „Im November 2022 bin ich dann gestartet, mit einem Lehrling und dem unbedingten Willen, bestes Brot zu backen.“

 

Altbewährtes währt am längsten

Gutes Brot braucht nur wenige Zutaten, unter denen dem Mehl die größte Bedeutung zukommt. „Das Wissen um die Vielfalt der Getreide- und Mehlsorten wird jedoch immer noch sträflich vernachlässigt“, so Johann Kreter, „dabei stammt der Geschmack eines Brotes zuallererst vom Mehl.“ Der Meister nennt Emmer und Einkorn, zwei alte Weizenverwandte, die sich von den modernen Hochleistungssorten vor allem durch einen geringeren Gehalt an Kohlenhydraten und einen höheren an Proteinen, ungesättigten Fettsäuren, Carotinoiden sowie an Zink und Eisen unterscheiden. Und durch ihren vollen, angenehm nussigen Geschmack. „Oder der Waldstaudenroggen“, fährt Johann Kreter fort, „eine alte, robuste Roggensorte, deren Korn zwar deutlich kleiner ist als dass der Massensorten, dafür aber im Geschmack deutlich prägnanter.“ Zu den Mehlen aus diesen Getreidesorten – alle übrigens aus biologischem Anbau – kommen in Kreters Backstube noch Dinkel- und Gelbweizenmehl zum Einsatz, beide ebenfalls Bio – das war’s dann auch schon.

Es gibt viel, aber weniger ist mehr

In Deutschland gibt es sage und schreibe 3.188 eigenständige Brotrezepte – das ist Weltrekord. Manche Bäckereien nehmen diese Tatsache offenbar zum Anlass, die Vielfalt auch zur obersten Maxime ihrer Arbeit zu machen und 20, 30 Brotsorten anzubieten. Für Johann Kreter ist das kein Thema. „Wir setzen auf das Prinzip ‚weniger ist mehr‘“, sagt er. Fünf Brotsorten liegen in den Regalen (Roggenbrote werden allerdings nur donnerstags und samstags gebacken): Urkornbrot und Urkornbaguette aus Emmervollkorn-, Einkorn- und Dinkelmehl – Pane Casereggio aus Hartweizen-, Gelbweizen und steingemahlenem Weizenvollkornmehl – das klassische Dinkelvollkornbrot und das dänische Rugbrød aus Waldstaudenroggenmehl, Roggenschrot, Roggensprossen, Haferflocken, Leinsaat, Sonnenblumenkernen und Sesam. Dazu gibt es etliche Brötchensorten – ebenso wie die Brote natürlich mit Sauerteig gebacken. „Wir verwenden zur Aromabildung und für die Teiglockerung ausschließlich Dinkelsauer“, so Johann Kreter.

Unsere Favoriten der Johann Bäckerei-Offerte: zuerst das Pane Casereggio. Außen knusprig und fest, innen fluffig und leicht, kann es dem italienischen Original auch geschmacklich locker das Wasser reichen. Dazu die mustergültigen Croissants, die durch den Einsatz von Gelbweizenmehl einen zusätzlichen Geschmackskick bekommen und natürlich die herrlichen Zimtschnecken – zum Kaffee vom benachbarten Double Eye einfach ein Gedicht. Keine Frage, das ist große Handwerkskunst, perfekt in Szene gesetzt und schon jetzt eine Erfolgsgeschichte, die durchaus auch eine längere Anreise lohnt.

See Also

Weitere Bilder auf instagram.com

JOHANN Bäckerei
Gleditschstraße 47
10781 Berlin-Schöneberg

www.johannbaeckerei.de

View Comments (0)

Leave a Reply

Your email address will not be published.

Copyright © 2024 Alle Rechte vorbehalten. GenussNetzwerk.com ist ein Projekt von