Schafskäse aus Quappendorf – Milchschafhof Pimpinelle

Unser Weg nach Quappendorf

Quappendorf liegt knapp 60 km von Berlin entfernt im Landkreis Märkisch-Oderland. Eigentlich ein Katzensprung, dachten wir, und setzten auf den öffentlichen Nahverkehr via Strausberg und Neuhardenberg. Ein Riesenfehler, nicht nur im Oderbruch – Brandenburg ist eben Autoland, und wer keins hat oder keins fahren kann oder gar will, muss eben sehen, wie er klar kommt.
Nach zweistündiger Bahn- und Busfahrt inklusive diverser Wartezeit und einstündigem Fußmarsch hatten wir endlich das Ziel erreicht – viel zu spät natürlich. Dementsprechend knapp fiel die Begrüßung aus: „Jetzt aber schnell, in fünf Minuten wird gemolken!“. Um uns ein Hofbild zu machen, mussten also zwei, drei Blicke genügen. Der Milchschafhof Pimpinelle ist ein klassischer Vierseithof – ein Wohnhaus und drei Stallgebäude umrahmen ein Geviert mit Blumen- und Kräuterbeeten und dem unvermeidlichen Hof-Baum, der hier, was seine Größe betrifft, durchaus noch Reserven hat.

Pimpinelle und ihre Gastgeberinnen

Eigentümerinnen des respektablen Anwesens „unter dem weiten Himmel des Oderbruchs, direkt an einer Flussschleife der Alten Oder“ – wie es auf ihrer Internetseite heißt – sind Amelie und Franziska Wetzlar. Vor 13 Jahren kamen die beiden Frauen mit dem Ziel nach Quappendorf, hier eine Milchschafzucht nebst Hofkäserei aufzuziehen. Sie wurden von der Dorfgemeinschaft zwar freundlich aufgenommen, aber die Wenigsten glaubten an ein Da-Sein auf Dauer. Das milderte sich zwar, als die ersten Ostfriesischen Milchschafe und zwei Hütehunde durchs Dorf zu ihren Weiden zogen, wich aber vollends erst, als Amelie und Franziska Wetzlar vor drei Jahren mithilfe einer Crowdfunding-Aktion und einer Fördermittel-Zuwendung einen modernen Offenstall bauten. „Die bleiben wirklich“, hieß es nun.
Übrigens: Namensgeber des Pimpinelle-Hofes ist ein auch als Kleiner Wiesenknopf bekanntes Rosengewächs, das als Würzpflanze unverzichtbarer Bestandteil etwa der Frankfurter Grünen Sauce ist.

Da kommt der Käse her

Den Grund für diese Namensgebung haben wir nicht mehr erfragt. Amelie Wetzlar drängte: „Die Tiere warten.“ Der Melkstand nebst Kannenmelkanlage, mit der sechs Schafe gleichzeitig gemolken werden können, befindet sich im ehemaligen Kuhstall des Hofes, die arbeitserleichternde Melkgrube war früher mal ein Rübenkeller. Amelie Wetzlar erledigt die Arbeit routiniert – man merkt, sie kann mit Tieren und Technik umgehen.

„Ich wurde zwar in München geboren und habe in Freiburg Geografie studiert“, sagt die 44-Jährige, „bin aber auf einem Dorf groß geworden, meine Großeltern waren Schafzüchter und in den Semesterferien zum Beispiel habe ich immer als Schäferin gearbeitet.“ Dann huscht ein Lächeln in ihr Gesicht und sie fügt hinzu: „Schafe sind die tollsten Tiere der Welt.“ Eine Stunde später sind 40 Tiere gemolken – Krainer Steinschafe, über die später noch zu reden sein wird – Amelie Wetzlar bugsiert zwei Kannen mit knapp 60 Litern Milch mittels eines Flaschenzuges aus der Melkgrube auf einen Handwagen. „Und jetzt ab in die Käserei!“

Aus Milch wird Käse

Die Clean Rooms der Käserei befinden sich im ehemaligen Back- und Waschhaus und sind der Arbeitsplatz von Franziska Wetzlar. Die 46-Jährige stammt aus Konstanz, hat an der Freien Universität in Berlin Soziologie studiert und sich beim Verband für handwerkliche Milchverarbeitung in Stuttgart-Hohenheim und auf dem Demeter-Hof Marienhöhe in Pieskow bei Bad Saarow zur Käserin ausbilden lassen. Inzwischen beherrscht Franziska Wetzlar die Prozesse der Milchveredelung aus dem Effeff – ein halbes Dutzend Urkunden im schnuckeligen Hofladen belegen ihre Meisterschaft.
„Wir produzieren ausschließlich Rohmilchkäse“, erklärt sie „aus der euterfrischen oder höchstens drei Tage gekühlten Milch entstehen Hart-, Schnitt-, Weich- und Frischkäse, Joghurt und Quark, insgesamt 25 verschiedene Produkte.“ Von November bis März bleibt die Käserei allerdings geschlossen. Dann sind die Schafe tragend und geben keine Milch.

Die Schafzucht

Amelie und Franziska Wetzlar starteten ihr Unternehmen Milchschafhof, wie gesagt, vor 13 Jahren mit einer Herde Ostfriesischer Milchschafe. Drei Jahre später entdeckten sie die Krainer Steinschafe, eine robuste, widerstandsfähige Mehrnutzungsrasse, die seit mindestens 6.000 Jahren in den Alpen zu Hause ist („Ötzis Haustiere“), aber erst Anfang der 1990er ihren Weg von Slowenien aus nach Deutschland fand. Die beiden Züchterinnen verliebten sich in die schönen Tiere, die sich zudem durch eine hohe Milchleistung, gute Fruchtbarkeit und beste Muttereigenschaften auszeichnen.

2013 holten sie die ersten Krainer Steinschafe ins Oderbruch, die in der platten Landschaft schnell heimisch wurden. Inzwischen zählt die Herde des Pimpinelle-Hofes 60 Tiere, und Amelie und Franziska Wetzlar gelten unter den rund 100 Herdbuchzüchtern in Deutschland als anerkannte Spezialistinnen, die ihr Wissen über die immer noch vom Aussterben bedrohte Rasse gerne weitergeben und sowohl in der Arbeitsgemeinschaft Krainer Steinschafe als auch im Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg aktive Arbeit leisten.
Schade, dass man die ökologisch erzeugten und geschmacklich exzellenten Produkte des Milchschafhofes Pimpinelle sowohl in Berliner Bio-Läden als auch auf hauptstädtischen Wochenmärkten noch mit der Lupe suchen muss. Die erstklassigen Käsesorten und die legendären Lammbratwürste lohnen natürlich auch einen Ausflug ins Oderbruch –vorausgesetzt, man ist nicht auf den Brandenburger ÖPNV angewiesen.

See Also

 

Milchschafhof Pimpinelle
Milchschäferei und Schafskäserei
Amelie & Franziska Wetzlar GbR
Lindenstraße 20
15320 Quappendorf

www.milchschafhof-pimpinelle.de

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