Lieblingsgerichte der Deutschen – in alten Kochbüchern geblättert

Am liebsten deutsch und ziemlich fleischig – so essen die Deutschen

Das ARD-Buffet, Deutschlands informativste und unaufgeregteste TV-Service-Sendung, fragte vor einigen Jahren nach den Lieblingsgerichten der Deutschen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Bundesforschungsinstitutes für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe stellten die Redakteure der Sendung eine Gerichte-Liste auf – 50.000 Zuschauer stimmten online ab – und das Ergebnis dürfte wohl nur die Totalverweigerer deutscher Hausmannskost verwundert haben. Die Mehrheit der Deutschen isst trotz Asia-Boom und Veggie-Trend noch immer am liebsten deutsch und ziemlich fleischig.

1. Rinderroulade
2. Spargel mit Sauce Hollandaise
3. Kohlroulade
4. Rheinischer Sauerbraten
5. Wiener Schnitzel
6. Entenbrust
7. Tafelspitz mit Meerrettichsauce
8. Pellkartoffeln mit Kräuterquark
9. Hühnerfrikassee
10. Königsberger Klopse

Spaghetti aus altem Kochbuch

Was und wie genießen die Deutschen?

Zu einem ähnlichen Resultat kamen 2017 Forscher des Instituts für Ernährungspsychologie der Georg-August-Universität Göttingen. In Zusammenarbeit mit der Online-Essenbestellplattform lieferando.de und dem Marktforschungsunternehmen Kantar TNS in München fragten sie: Was und wie genießt Deutschland?

Studienleiter PD Dr. Thomas Ellrott: „Während bei Männern klassische Fleischgerichte wie Roulade, Schnitzel und Steak mit deutlichem Vorsprung als Lieblingsgerichte genannt wurden, standen bei Frauen Pastagerichte ähnlich hoch im Kurs. Auch jüngere Erwachsene nannten häufiger Pasta und Pizza als Lieblingsgerichte.“

Der Leipziger Otto-Beyer-Verlag, der das uns heute vorliegende Buch „Die Lieblingsgerichte der deutschen Familie“ herausgab, konnte vor 112 Jahren natürlich keine repräsentative Umfrage starten – das wissenschaftliche Instrumentarium war damals noch nicht entwickelt. Also veranstalteten die Leipziger Redakteure ein Preisausschreiben, das – so heißt es im Vorwort des Bandes – „für die Abonnentinnen der Deutschen Moden-Zeitung und der Deutschen Frauen-Zeitung ausgeschrieben und mit 1.104 Mark an Preisen bedacht war.“ Beide Blätter erschienen übrigens auch bei Otto Beyer und wurden deutschlandweit in offenbar ziemlich hoher Auflage vertrieben – anders lassen sich die über 2.000 Zuschriften aus Berlin, Bonn, Dresden, Hamburg, Karlsruhe und Osnabrück, um nur die bekanntesten Städte zu nennen, wohl kaum erklären.

Hände die kochen aus altem Kochbuch

Damals sowie heute – Fleischgerichte sind sehr beliebt

Sieben Preisrichterinnen wählten aus dieser Flut von Rezept-Einsendungen 276„Lieblingsgerichte der deutschen Familie“ aus und der Verlag resümierte, „dass der erstrebte Zweck, damit eine Bereicherung der Küchenzettel herbeizuführen durch vielseitige und nicht kostspielige Gerichte, auf das Beste erfüllt ist.“

Was liebten nun die Deutschen einst auf ihren Tellern? Keine Frage: Fleischgerichte! Schätzungsweise drei Viertel der 276 Rezepte sind Zubereitungen für Geflügel und Wild sowie Kalb-, Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch. Das reicht von „Burgunder Goulasch“ über „Thüringer Schweinebraten“ bis zur „Kaiser-Roulade“, die ihren Namen nach der schwarz-weiß-roten Füllung einer Kalbsbrust erhielt (Morcheln, das Weiße von hartgekochten Eiern, Pökelzunge).

Unter den 26 ausgewählten Fischgerichten dominierten übrigens die Hecht- und Schellfischzubereitungen (Gebackener Hecht mit Wein und Champignons, Hechtfrikassee mit Schweinefleisch, Schellfischpastete mit Brot, Schellfischröllchen mit Steinpilzen).

Neben einigen wenig ambitionierten Suppen (Bohnen-, Sellerie-, Pilzsuppe), finden sich auf den 112 Seiten leider nur wenige Gemüsezubereitungen, die über den Status Fleischbegleitung hinausgehen (Kartoffelpastete, Pflaumenklöße, Spinatpudding). Dennoch: In einigen Fällen lohnt sich das Nachkochen auch heute durchaus noch.

See Also

www.bibliotheca-culinaria.de

 

 

Die Lieblingsgerichte der deutschen Familie
276 preisgekrönte Rezepte
Verlag Otto Beyer, Leipzig (o. J.)
vermutlich um 1910, 112 Seiten
Druck von Carl Marquart, Leipzig
Preis (antiquarisch) 25,00 Euro

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