Frischer Wind in der Jungfernmühle
Der Berliner Süden ist seit eh und je gastronomisch unterversorgt – nicht so sehr, was die Zahl der Restaurants, sondern vor allem, was ihre kulinarische Qualität betrifft. Kein Wunder also, dass die Nachricht von der Wiedereröffnung der Jungfernmühle in Rudow, Buckow, Britz und Lankwitz schnell die Runde machte – immerhin beherbergte die alte Holländermühle (übrigens die älteste noch erhaltene Windmühle in Berlin) vor Jahren schon mal eine ganz respektable Gastronomie. Neuer Betreiber ist nun die Wiesenstein-Gruppe (www.wiesenstein.de), die bereits in Schöneberg, Tegel und Wannsee gastronomisch am Start ist und in ihrem Rücken ein finanzkräftiger Berliner Online-Optiker.
Viel interessanter als diese Business-Konstellation ist allerdings die Tatsache, dass zwischen Mühlenküche und Mühlentresen ein Mann agiert, den man hier nicht erwartet hätte: Peter Frühsammer. „Ich bin als Berater tätig“, erklärt der 57-jährige frühere Sternekoch, „und ich nehme meine Verantwortung ernst. Die Leute aus dem Kiez sollen, nachdem die Mühle fast ein Jahr geschlossen war, wieder zu uns kommen und Spaß haben.“
Die zwei stärksten Faktoren an dem gemütlichen Lokal inmitten der nicht sonderlich gemütlichen Gropiusstadt: die wohltuende Schlichtheit des Raumes und das sympathisch unschnöselhafte Küchenkonzept. Soll heißen: Peter Frühsammer hat dem Jungfernmühlen-Küchenchef Andrzeij Kot und seinem Lehrling Benjamin Fischer nichts aufs Auge gedrückt, was dann schnell ad acta gelegt wird, wenn der Meister wieder weg ist, sondern hat Grundsätze vermittelt.
Frische, Frische, Frische…
…intensive Aromen, mutiges Würzen, klares und einfaches Erscheinungsbild. „Wie in unserem Bistro ‚Grundschlag‘“, so Frühsammer. Der Erfolgsgastronom und seine Frau Sonja betreiben dieses Bistro seit Anfang 2017 – neben ihrem Sternerestaurant. Und daneben züchten sie draußen in Schönfeld bei Beelitz Islandpferde und neuerdings auch Rassehühner und sind außerdem dort unter die Häuslebauer gegangen.
„Das alles klingt nicht gerade nach stressfreiem Tagwerk, Herr Frühsammer, weshalb dann noch der Job in der Jungfernmühle?“ „Es gab mehrere Gründe“, sagt er, „einen verrate ich Ihnen – weil ich zu dieser Gegend eine besondere Beziehung habe. Hier in der Lipschitzallee, war Anfang der 1980er meine erste Berliner Wohnung. Zwei Zimmer mit Mauerblick.“
Welcome to history. Wir bleiben in der Gegenwart und loben die Premierengerichte. Das Brunnenkressesüppchen mit gebackenem Bio-Ei ist geschmacklich fein abgestimmt. Die Maultaschen mit Kartoffelsalat à la Großmutter Frühsammer machen Lust auf mehr und auch die Ofenschlüpfer mit Apfelspalten gelingen grandios. Darauf einen superben Trollinger von Rainer Schnaitmann und die Hoffnung, dass die Ambitionen bleiben, auch wenn der Berater geht.
Restaurant Jungfernmühle
Goldammerstraße 34
12351 Berlin
oder auf www.wiesenstein.de