Slow-Food-Messe in Turin

Slow Food, eine internationale Organisation mit rund 100.000 Mitgliedern und über einer Million Anhänger in 160 Ländern, setzt sich für eine gute, saubere und faire Lebensmittelproduktion ein. Gut sauber und fair für die Produzenten, die Verbraucher und die Umwelt. Die größte internationale Veranstaltung der Organisation trägt den Titel Terra Madre Salone del Gustowund (wir sagen Slow-Food-Messe) findet seit 1996 aller zwei Jahre in Turin statt – 2016 war das vom 22. bis zum 26. September. Rund 7.000 Delegierte aus 143 Ländern – darunter auch 120 aus Deutschland – diskutieren an diesem Tagen die wichtigsten Herausforderung für die Zukunft: unseren Planeten zu ernähren, ohne ihn zu zerstören.Terra Madre deutscher Stand

Ole Syndicus, Manager im Berliner Restaurant Restlos Glücklich, in dem mit Produkten gekocht wird, die eigentlich in der Tonne landen würden, war Mitglied der deutschen Delegation. Sein Fazit: „Eine tolle Veranstaltung, viel spannender Gedankenaustausch, etwa zum Schutz der Vielfalt unserer Lebensmittel.“ Garcon sah sich im Turiner Valentino Park um, in dem handwerkliche Erzeuger aus der ganzen Welt ihre Produkte vorstellten.

Wie die Offerte von Slow Food Deutschland im Turiner Parco del Valentino zustande kam, wissen wir nicht und natürlich auch nicht, weshalb sie so bescheiden, um nicht zu sagen mickrig, ausfiel. Neben zwei Brauereien und einem Stand der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, Retter der ältesten deutschen Sattelschweinrasse; präsentierten die Ölmüller aus dem Bliesgau das Öl des Leindotters, wiederum ein paar Meter weiter hatte Detlef Werner aus Hennigsdorf seine mobile Knoblauchräucherei in Stellung gebracht, ja, und das war’s dann auch schon.

Detlef Werner, genannt „Janosch“, stammt aus Hennigsdorf bei Berlin. Der 56-jährige Elektromonteur und Schienenfahrzeug- Inbetriebnehmer bei Bombardier wurde 2004 arbeitslos, gründete eine mobile Räucherei und spezialisiert sich auf das Räuchern von Knoblauch.

Detlef Werner, genannt "Janosch", aus Berlin. Der 56-jährige Elektomonteur wurde 2004 arbeitslos. Er gründete eine mobile Räucherei und spezialisierte sich auch das Räuchern von Knoblauch.
Detlef Werner, genannt „Janosch“, aus Berlin. Der 56-jährige Elektomonteur wurde 2004 arbeitslos. Er gründete eine mobile Räucherei und spezialisierte sich auch das Räuchern von Knoblauch.

Es ist nicht ganz leicht, bei Ihnen einen Termin zu bekommen, Herr Werner.

Das wird sicher auch bei anderen Einzelunternehmern und Alleinunterhaltern so sein, gerade jetzt vor Weihnachten. Ich bin auf dem Sprung nach Bremen, dann geht’s nach Stuttgart, und den Adventswochenenden baue ich meinen Stand auf dem Markt am Schloss Liebenberg auf.

Überall räuchern Sie Knoblauch?

Ich räuchere Knoblauch, verkaufe meine Spezialität, spreche über ihren ernährungsphysiologischen Wert im Besonderen und über gesunde Ernährung im Allgemeinen.

Damit haben Sie auch Slowfood Deutschland auf der Terra Madre / Salone del Gusto Ende September 2016 in Turin vertreten.
Erfolgreich?

Turin war ein Mega – Erfolg für mich, tolle Begegnungen, einige Einladungen, etwa 2017 nach Slowenien, super Gespräche, sogar Slow-Food-Gründer Carlo Petrini war an meinem kleinen Stand und hat Räucherknoblauch verkostet. Am vierten Messetag war ich ausverkauft.

Also rundum zufrieden?

Schön wär´s.

Nanu?

Ich bin ein Kleinstproduzent und hätte mir ein bisschen Unterstützung gewünscht.

Von wem und wobei?

Zum Beispiel von Slow Food Deutschland – etwa bei der Standmiete oder bei der Organisation einer preiswerten Übernachtungsmöglichkeit in Turin. Aber nix war´s. Ich musste die 300 Euro Miete pro Tag selbst aufbringen, habe sieben Nächte in meinem Auto geschlafen, und auf ein Dankeschön für mein Engagement warte ich bis heute. Das alles hat mich schon ziemlich enttäuscht.
Aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen und mache trotzdem weiter. Mein Produkt ist gut, und meine Botschaft ist es auch.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.mobile-raeucherei.de

Terra Madre Flasche

Glücklich, wer so viel zu bieten hat. Felix Austria. Aus Wien kamen die Thum-Metzger, deren nach einem über 150 Jahre alten Verfahren aus dem Fleisch von Mangalitza- und Turopoljeschweinen erzeugte Schinkenspezialitäten weltberühmt sind. Engagierte Bauern aus dem niederösterreichischen Waldviertel präsentierten das Waldstaudekorn, eine alte, geschmacksstarke und inhaltsstoffreiche Roggenart, die gerade eine Renaissance erlebt. Und dann was da noch die Leithaberger Edelkirsche aus dem Burgenland in vielfältiger Verarbeitung.

Rosi Strohmeyer, 64, stammt aus Vorarlberg, lerne Tischlerin und kam 1978 ins Burgenland. Seit neun Jahren ist sie Obfrai des Vereins Leithaberger Edelkirsche, der sich für die Erhaltung, Vermehrung und Verarbeitung der Kirschsorten in der Region Leithaberg einsetzt.
Rosi Strohmeyer, 64, stammt aus Vorarlberg, lerne Tischlerin und kam 1978 ins Burgenland. Seit neun Jahren ist sie Obfrai des Vereins Leithaberger Edelkirsche, der sich für die Erhaltung, Vermehrung und Verarbeitung der Kirschsorten in der Region Leithaberg einsetzt.

Wie fällt die Bilanz Ihres Auftritts in Turin aus, Frau Strohmayer?

In der Hinsicht positiv. Das Interesse der Besucher für unsere Produkte war beeindruckend, die Anerkennung für unsere Arbeit überwältigend. Und das wiederum ist eine große Motivation für uns und unsere Partner. Und natürlich eine Chance für unsere alten Kirschsorten.

Brauchen die denn eine?

Absolut. Schauen Sie, in der Zwischen- und Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts standen in unserer Gegend, der sogenannten Kirschblütenregion am nordwestlichen Ufer des Neusiedler Sees, noch rund 15.000 Kirschbäume. Halb- oder Hochstämme. Weil sie für den modernen Obstbau ungeeignet sind, zu arbeitsintensiv, wurden immer wieder welche gerodet. Nun gibt es nur noch 5.000 Bäume verschiedener lokaler Sorten. Die wollen wir erhalten und, wo möglich, vermehren.

Welche Sorten sind das denn?

Es sind acht lokale Kirschsortenraritäten, alle mit weichem Fleisch und dünner Schale und daher nur begrenzt lager- und transportfähig.

Wenn die Sorten so arbeitsintensiv und kaum zu lagern oder zu transportieren sind, weshalb betreiben Sie dann den ganzen Aufwand?

Gegenfrage. Haben Sie schon mal eine Joiser Einsiedekirsche probiert?

Nein, an den eigenwilligen Namen könnte ich mich sicher erinnern.

Am meisten, denke ich, würden Sie sich wahrscheinlich an die intensive Aromatik sowie den süßen, angenehmen würzigen Geschmack erinnern. Und das betrifft nicht nur die Joiser Einsiedekirsche, die in Österreich übrigens zur Streuobstsorte des Jahres 2017 gewählt wurde, sondern auch die anderen Sorten, etwa die Frühbraune aus Purbach, die Windener Schwarze oder die Donnerskirchner Blaukrische. Kommen Sie doch einfach am 1. und 2. Juni zum Internationalen Kirschenfest nach Graz, dort finden Sie auch unseren Verein Leithaberger Edelkirsche und überzeugen Sie sich!

Vielen Dank für das Gespräch.

www.genussquelle.atTerra Madre JapanDas „Japan-Zelt“ gehörte im Turiner Valentino Park wohl zu den eindrucksvollsten und deshalb meistbesuchten Offerten der Terra Madre Salone del Gusto 2016. Yoshi Tezuka, ein bekannter Sushi-Meister aus Tokyo, demonstrierte die perfekte Zubereitung der japanischen Appetithappen, die Millionenstädte Kobe und Sapporo präsentierten sich als Gourmetmetropolen und – last but not least – boten an gleich fünf Ständen Lebensmittelproduzenten der Präfektur Ishikawa ihre traditionell hergestellten Produkte zur Verkostung an.

Remi Le, 39, wurde auf Japans Tropeninsel Okinawa Honto geboren, studierte in den USA Volkswirtschaft und an der Slow-Food-Universität im italienischen Pollenza Gastronomische Wissenschaften. Seit Anfang 2016 leitet sie Slow Food Japan als Direktorin.
Remi Le, 39, wurde auf Japans Tropeninsel Okinawa Honto geboren, studierte in den USA Volkswirtschaft und an der Slow-Food-Universität im italienischen Pollenza Gastronomische Wissenschaften. Seit Anfang 2016 leitet sie Slow Food Japan als Direktorin.

Es gab viel Lob für die Exposition von Slow Food Japan hier im Park Valentino. Sind Sie denn auch selbst zufrieden, Frau Ie?

Japan war zum ersten Mal mit einer so großen Gruppe auf der Terra Madre vertreten – insgesamt zählte sie 122 Delegierte, die auch bei vielen Foren und Diskussionen aufgetreten sind – das hat mich schon ein bisschen glücklich gemacht. Wichtiger ist mir allerdings, dass die Slow-Food-Idee in Zukunft in meiner Heimat noch stärkere Beachtung findet. Dafür wird es im kommenden Jahr auch endlich eine Website und ein Online-Slow-Food-Journal geben. Sie sehen also, dass wir noch einiges zu tun haben, um Slow Food Japan nach vorn zu bringen.

Wie viele Mitglieder hat denn die Organisation derzeit in Japan?

Aktuell haben wir rund 400 Mitglieder – Unternehmen, Produzenten also, und Einzelpersonen.

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Was haben Sie sich für das kommende Jahr vorgenommen, Frau Ie, welche Ziele haben Sie im Blick?

Wie ich schon sagte, wir wollen die Slow-Food-Idee in Japan populärer machen. Das Gedankengut unserer traditionellen Philosophie hat viel mit Slow Food gemeinsam – Leben im Einklang mit der Natur, Respekt vor ihren Ressourcen. Leider ist mit der Globalisierung viel davon verloren gegangen, wir wollen es wieder erwecken.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Nehmen Sie die Bienen, die traditionell in Japan für die Bestäubung und die Honigproduktion eine große Bedeutung haben. Mit der Einführung von amerikanischen und europäischen Bienen werden die angestammten Völker zurückgedrängt und sterben aus, weil Biene eben nicht gleich Biene ist. Das wiederum hat negative Auswirkungen auf den Kreislauf der Natur. Slow Food Japan plant dazu 2017 eine sogenannte „Let it Bee“-Konferenz. Wir haben auch dir Arche des Geschmacks im Blick, die Pobleme der Fischerei und wir wollen uns um den Nachwuchs in der Landwirtschaft kümmern.

Vielen Dank für das Gespräch

Die Präfektur Ishikawa liegt auf der Insel Honshu in der Mitte Japans, rund 350 Kilometer von der Hauptstadt Tokio entfernt und ist mit dem Shinkasen in zweieinhalb Stunden zu erreichen. Die Hauptstadt Kanazawa, im Mittelalter Residenz des mächtigen Maeda-Klans, zählt heute 457.000 Einwohner und ist eine moderne Großstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten (www.kanazawa-tourism.com). Die Präfektur ist berühmt für ihre Lebensmittelproduktion und eine traditionelle Regionalküche dere Samurai-Zeit, die sogenannte Kaga-Küche, zu deren Spezialitäten Fischgerichte und Eintöpfe gehören. Große Bekanntheit erlangte auch das Kunsthandwerk der Präfektur, etwa das Blattgoldschlagen und die Lackmalerei. Regierungschef ist seit 1994 Gouverneur Masanori Tanimoto.

Gouverneur Masanori Tanimoto.
Gouverneur Masanori Tanimoto.

Vielen Dank für die Möglichkeit, mit Ihnen dieses Interview zu führen, Herr Gouverneur.

Bitte sehr, ich freue mich mit einem Reporter aus Deutschland zusammenzutreffen, weil, wie ich höre, bei Ihnen zu Hause das Interesse an Japan, japanischen Lebensmitteln und japanischer Küche immer größer wird.

Zumindest für Berlin kann ich das bestätigen. Spielte das auch eine Rolle, weshalb die Präfektur Ishikawa mit so vielen Ausstellern zur Terra Madre in Turin angereist ist?

Natürlich, wir haben uns vor allem internationale Aufmerksamkeit für unsere traditionell und manufakturell hergestellten Produkte erhofft und haben sie auch bekommen.

Welche Produkte haben Sie da im Blick?

Sehen Sie, die Präfektur Ishikawa gilt seit Jahrhunderten als eine Schatzkammer Japans. Das betrifft den Reisanbau ebenso wie zum Beispiel die Herstellung von Miso, Sake, Soyasauce und anderer fermentierte Produkte. Unser Klima, schneereiche Winter, feuchte Sommer und das besonders klare Wasser aus dem Inneren des Berges Haku befördern die Fermentationsprozesse und letztlich die Qualität der so entstandenen Produkte. Außerdem gibt es in der Präfektur Ishikawa eine besondere Art der Salzgewinnung.

Geht es dabei um Meersalz?

Es handelt sich um ein Natursalz, das am Strand der Stadt Suzu nach der traditionellem Agehama. Methode gewonnen wird, die schon seit 500 Jahren bekannt ist. Das Salz wir praktisch aus dem Sand des Strandes ausgewaschen.

Heer Gouverneur, Sie haben hier in Italien auch das Agriturismo Il Casone in der Toskana besucht, weshalb?

Wir wollen nicht nur in Europa die Produkte unser Lebensmittelmanufakturen präsentieren, um sie vielleicht auch zu exportieren, sondern wir haben hier in Italien auch nach Erfahrungen gesucht, wie wir in Ishikawa einen sanften Tourismus entwickeln können. Das Agriturismo Il Casone in der Toskana verbindet nachhaltige agrarische Produktion mit einem sehr hochwertigen Hospitalityangebot. Eine solche Form kann ich mir auch für Ishikawa vorstellen.

Vielen Dank für das Gespräch, Heer Gouverneur.

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