Besuch bei Swiss Lachs im Misox

Swiss Lachs – Superfarm im Misox

Diese Wahl war längst überfällig. Seit 1984 wird hierzulande vom Deutschen Angelfi schverband (DAFV) dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Verband Deutscher Sporttaucher (VDST) der „Fisch des Jahres“ gekürt. Mit diesem Akt weisen die organisierten Angler, Naturschützer und Sporttaucher auf die negativen Einflüsse etwa durch Abwasserbelastung oder Gewässerausbau für die jeweilige Fischart hin.

Zum Fisch des Jahres 2019 wurde – wie gesagt längst überfällig – der Atlantische Lachs – zoologisch korrekte Bezeichnung Salmo salar – gewählt, der zwar zu den in Deutschland bekanntesten Fischarten zählt, dennoch aber vom Aussterben bedroht ist, weil menschliche Aktivitäten seine Lebensräume weitgehend zerstört haben. „Der Lachs ist ein anspruchsvoller Wanderfisch, der unverbaute und saubere Flüsse und Bäche braucht, um vom Meer, seinem Hauptlebensraum, in seine Laichgebiete zu kommen und sich dort erfolgreich fortpflanzen zu können.

Damit der Fisch des Jahres bald wieder in größerer Anzahl durch Flüsse wie den Rhein schwimmen kann, müssen wir die Anzahl der Barrieren deutlich verringern und wirksame Auf- und Abstiegsanlagen errichten“, so Prof. Beate Jessel. Diese Forderung der BfN-Präsidentin hat natürlich nichts mit der Gier auf Lachs deutscher Verbraucher zu tun – die könnte auch bei sofortiger Wiederherstellung der aquatischen Lebensräume des Fisches nicht befriedigt werden. Seit der Jahrtausendwende hat sich der Lachskonsum in Deutschland verdreifacht und beträgt derzeit drei Kilogramm pro Kopf und Jahr. Gedeckt wird der gigantische Bedarf vor allem aus internationalen Aquakulturen, die allerdings noch viel zu oft als Massentierhaltung unter Wasser zu einem ökologischen Desaster führen.

„Aquakulturen sind gerade in ihrem industriellen Ausmaß eine ethisch, ökologisch und meist auch sozial höchst zweifelhafte Antwort auf Überfischung und Ernährungssicherung“, heißt es beispielsweise im Meeresatlas 2017, einem Kooperationsprojekt der Heinrich-Böll-Stiftung und des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“. Die Wissenschaftler verweisen dabei auf den Einsatz von Antibiotika und anderer chemischer Keulen – vom sogenannten Hygienebad bis zu diversen Pestiziden – die das Wasser verunreinigen sowie auf dessen „Überdüngung“ durch Exkremente, Nahrungsreste und Kadaver und plädieren deshalb für einen ökologischen Betrieb von Aquakulturen. Ein Beispiel dafür, wie so etwas funktioniert, fanden wir im Schweizer Misox, einem Tal im Kanton Graubünden nördlich des San-Bernardino-Passes.

Fast alle Autofahrer, die vor drei Jahren regelmäßig auf der A13 in der Ostschweiz unterwegs waren, spekulierten heftig darüber, was es wohl mit dieser riesigen Halle auf sich haben könnte, die da direkt neben der Autobahn in Höhe des Örtchens Lostallo gebaut wurde. Eishockey? Fußball? Reiten? Weit gefehlt. Erst als die mannshohen Schriftzüge SWISS LACHS an der Holzverkleidung der Hallenwände montiert wurden, ahnten die meisten: da passiert irgendetwas mit Fischen.

Damit lagen sie richtig. Hier im Misox, einem Tal im südlichsten Zipfel des Kantons Graubünden, mitten in den Alpen also, war keine neue Sportstätte entstanden, sondern die erste Indoor-Lachsfarm der Schweiz. Sportlich war nur die Investitionssumme: rund 14 Millionen Schweizer Franken. „Preiswerter ist diese Art Aquakultur nicht zu haben“, so Roland Herculeijns, „denn unser Anspruch war es, eine Anlage zu bauen, die so ökologisch und nachhaltig wie nur irgend möglich arbeitet.“

Herculeijns, 50, ist Holländer, studierte in St. Gallen Betriebswirtschaftslehre und war sein halbes Leben in der Lebensmittelbranche tätig, zuletzt als Verkaufsleiter der Moët Hennessy Suisse SA. Wie kommt man nun vom Champagner ausgerechnet zum Lachs? „Irgendwann vor sechs Jahren erzählte mir mein Freund Julian Connor von einer BBC-Reportage, die über das konventionelle Fischfarming in Norwegen, Chile und anderen Ländern und die dort zum Teil herrschenden Zustände berichtete – vom Antibiotikaeinsatz bis zu den vielen Umweltproblemen, die eine Haltung in Netzkäfigen im offenen Meer mit sich bringt. Und er konfrontierte mich mit seiner Idee einer modernen, umweltgerechten Aquakultur, also einer geschlossenen Kreislaufanlage. Das überzeugte mich.“ Connor, ein in Zürich lebender Engländer, der sein Geld viele Jahre lang als Stahlhändler verdient hatte, gründete im Mai 2013 die Swiss Alpine Fish AG, und Herculeijns stieg als Geschäftspartner mit ein.


Die beiden Unternehmer fanden in Lostallo einen geeigneten Standort, stemmten mit Hilfe einer großen Bank die Finanzierung, die lokale Bürgerversammlung gab ein Jahr später grünes Licht – das Projekt konnte starten. Wenn Roland Herculeijns heute durch die Lachsfarm führt und erläutert, was hier geschieht, kommt der Aha-Effekt schnell. Das ringförmige Zuchtbecken beispielsweise, Herzstück der Anlage, ist 32 Meter breit und fasst rund 4.500 Kubikmeter Wasser, das – so der Manager – direkt aus der Moësa kommt, einem Bergflüsschen in der Nähe, und von herausragender Güte ist.

Übrigens: Welchen Einfluss die Wasserqualität auf das Zuchtergebnis hat, zeigt sich am einprägsamsten beim Ora King Lachs, der im kristallklaren Wasser der Marlborough Sounds im nördlichsten Teil der Südinsel Neuseelands gezüchtet wird und dessen kräftiges, stark marmoriertes Fleisch unter Spitzenköchen und Feinschmeckern als Nonplusultra der Lachszucht gilt.

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„Dem wollen wir nahekommen“, sagt Herkuleijns und zeigt ein Bild, das den Weg der Lachse in seiner Aquakultur veranschaulicht. Die Fischeier beziehen die Schweizer Züchter aus Island, „aller zwei Monate werden rund 50.000 Stück geliefert.“ In speziellen Bruthäusern schlüpfen die Larven, aus denen binnen eines Jahres etwa 150 Gramm schwere Jungfische heranwachsen, die dann in die Hightec-Anlage umgesetzt werden. Eine künstliche Strömung sorgt dort dafür, dass die Fische in Bewegung kommen und nur langsam Fett ansetzen.

Außerdem gibt es – State of the Art in Sachen Nachhaltigkeit – eine Filter- und Wasseraufbereitungsanlage, darunter einen Bio-Filter mit Bakterienkulturen, die dafür sorgt, dass Fischkot und Futterreste effektiv ausgefiltert werden. Sie belasten dann die Umwelt nicht und werden zu Biogas verarbeitet. Und damit sich die Fische wie im Atlantik wähnen, simuliert eine speziell konstruierte Lichtanlage sowohl den hellen nordischen Sommer als auch den dunklen Winter.


Nach zehn bis zwölf Monaten sind die Lachse ausgewachsen, also rund 80 Zentimeter lang und vier Kilogramm schwer und können „geerntet“ werden, wie das in der Fachsprache heißt. Rund 600 Tonnen jährlich. „John, bitte übernehmen Sie“, ruft Herkuleijns, und plötzlich steht er neben uns: John Flett, 55, Schotte, der Räuchermeister des Unternehmens und eine Berühmtheit seiner Branche. Er spricht dann lange über seine „Smokehouses“ und über die Kunst des Räucherns. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema…

SWISS ALPINE FISH AG

Genuss für unterwegs – GARCON als APP

Camp di Polac 1363
CH-6558 Lostallo
Tel. +41 – 79 20 79 788
www.swisslachs.ch

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