Stippvisite im Graubündener Fürstenau
Das in Zürich erscheinende und jeglicher journalistischer Jubel-Orgien unverdächtige Gastronomie-Magazin „Salz und Pfeffer“ titelte in seiner 2019er Mai-Ausgabe ungewohnt überschwänglich: „Andreas Caminada – Vorbild der Nation“.
Jede Wette, kein deutscher Food-Schreiber käme auf die Idee, sagen wir mal – um in Berlin zu bleiben – Tim Raue oder Billy Wagner verbal derart in den Himmel zu heben. Ist den Schweizer Kollegen bei allem Stolz auf ihren dienstältesten und höchstdekorierten Küchenkünstler da ein bisschen viel Lobestinte aus der Feder geflossen? Deren Antwort: ein mildes Lächeln über eine offenbar saublöde Frage.
Sicher, der 42-jährige Bündner ist einer der weltbesten Köche – was in der Schweiz mindestens genauso viel, wenn nicht noch mehr zählt, ist allerdings die Tatsache, dass er weit über den Tellerrand hinaus denkt und handelt. (Eine Eigenschaft, die bei deutschen Spitzenköchen nur in wenigen Fällen so stark ausgeprägt ist.)
Wichtigster Beleg dafür ist Caminadas Stiftung Fundaciun Uccelin, die er vor vier Jahren ins Leben rief und hinter der sich ein einzigartiges Förderprogramm für Koch- und Servicetalente verbirgt, das nicht nur in der Schweizer Gastronomie Spuren hinterlässt.
Auch die Casa Caminada ist ein Beispiel dafür, wie weit der Horizont des Spitzenkochs reicht. Die Anfang Oktober 2018 eröffnete Dependance auf dem Schlossgelände entstand aus zwei alten Ställen, beherbergt zehn preiswerte Doppel- und Familienzimmer, eine Dorfbeiz, in der Bündner Klassiker serviert werden, einen Kulinarikkeller, der zu einem „Archiv regionaler Spezialitäten“ wachsen soll sowie – Herzstück der Casa – eine Holzofenbäckerei mit angeschlossenem „Lädali“, in dem gegendtypische Lebensmittel und natürlich frisches Brot angeboten werden.
„Die Casa ist ein Treffpunkt für jedermann“, definiert Andreas Caminada, „ein kulinarischer Ort des Aufbruchs ohne Hemmschwellen.“