Aktuell

Handwerksbäckerei Siebert, Berlins älteste Bäckerei

Eine angesagte Adresse war Siebert schon immer, nun stieg die Kiezbäckerei am Arnimplatz nach und nach in den Status einer Institution auf: Das Hamburger Feinschmecker-Magazin zählt den kleinen Laden mit angeschlossenem Mini-Café seit 2004 zu Deutsch-lands besten Bäckereien, die Leser der B. Z. wählten sie unter ihre Lieblingsbäckereien, „Goldene Brezeln“ und andere Ehrungen füllen Wände.

Der erste Bäckereibesuch soll uns nach Prenzlauer Berg führen. Handwerksbäckerei Siebert, Berlins älteste Bäckerei. „Die Bäckerei Siebert ist noch ein echtes Familienunternehmen“, weiß das Internet, „1906 gegründet, und somit wirklich die älteste Bäckerei Berlins.“

Die Geschichte der Bäckerei Siebert

Das wenige Jahre zuvor im Stuttgarter Felix Krais Verlag er-schienene „Handbuch der Bäckerei aller Länder“ listet für die Stadt, die damals rund 1,8 Millionen Einwohner zählte, 1.470 Bäckereien auf, Tendenz steigend. So schätzen Historiker die Zahl der innerhalb der heutigen Berliner Stadtgrenzen existierenden Bäckereibetriebe unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg auf über 3.000.

Derzeit übrigens gibt es noch 145 Betriebe, von denen 61 Mitglied der Bäcker-Innung sind.

Interessant auch, wie die Autoren des Bäckerbuches vor 120 Jahren die Qualität der Berliner Backwaren bewerteten: „Das Gebäck gilt als hervorragend“, heißt es da, „dem vom internationalen Standpunkt wohl nur das von Wien und Paris an die Seite zu stellen sein dürfte.“

Täglich Brot: Stippvisite in Berliner Handwerksbäckerei Siebert

Wir sind Bäcker, wer ist mehr? Jahrzehntelang dokumentierten in vielen Berliner Bäckereien solche Bilder den Stolz auf ein altes Handwerk und eine ebensolche Tradition. Doch die Traditionsbetriebe und damit auch die Belege einer meist über etliche Generationen reichenden Familiengeschichte sind selten geworden. In der Bäckerei Siebert in Prenzlauer Berg gibt es sie noch. Die Aufnahme entstand 1936 anläßlich des 30-jährigen Siebertschen Bäckerei-Jubiläums.

 Seit 2021 steht nun in fünfter Generation eine Frau an der Spitze der Traditionsbäckerei.

Das ist Anke Siebert – pardon, so viel Zeit muss sein – Dr. -Ing. Anke Siebert, seit einem Jahr Inhaberin der Bäckerei Siebert. Die 36-Jährige studierte an der Viadrina in Frankfurt Oder Betriebswirtschaftslehre, dem Bachelor-Abschluss folgten ein Masterstudiengang Integrated Natural Resource Management an der Humboldt-Universität und die Promotion am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

Normalerweise ist damit der Weg geebnet für eine Wissenschafts-Karriere oder einen Manager-Job in der Industrie. Doch Anke Siebert entschied sich – als die Frage stand, ob und wie es mit der Bäckerei einmal weitergehen soll, wenn ihr Vater das Rentenalter erreicht – für die Bäckerei. „Ohne Wenn und Aber und ohne Zwang“, sagt sie.

Und auch ihr Lebenspartner Ulrich Kienzl, 42, diplomierter Sprach-wissenschaftler aus Bozen, der Hauptstadt des Alto Adige, auf gut Italienisch also auch ein „dottore“, war bereit, die Aussichten auf ein Leben als Forscher oder Lehrer für den Fortbestand der Traditionsbäckerei ad acta zu legen.

Handwerksbäckerei Siebert’s lange Tradition

Kienzl absolvierte eine Bäckerlehre bei Heinz Weichardt, wo „Wille und Liebe“ die Berufseignung bestimmen sowie in der Dresdner Feinbäckerei in Friedrichshagen, besuchte die Meisterschule, bestand 2020 die Meisterprüfung und muss sich nun als künftiger Backstubenchef beweisen . „Das Leben wollte es so“, sagt er, „und vielleicht ist das ja meine wirkliche Berufung.“

Noch sind Anke Sieberts Mutter Catrin im Laden und ihr Vater Lars in der Backstube präsent, aber sie führen schon nicht mehr Regie, jedenfalls vermitteln sie nicht das Gefühl, es zu tun. Eher ist es ein familiäres Miteinander, das den Siebertschen Bäckereialltag be-stimmt. So jedenfalls unser Eindruck…

Übrigens: Auch Catrin und Lars Siebert, sie 61, er 63, kamen erst als Spätberufene zum selbstständigen Handwerker-Dasein. „Ich habe bei meinem Vater erlebt, was es bedeutete, unter den Bedingungen der DDR-Mangelwirtschaft eine private Bäckerei zu führen“, gibt der Meister zu Protokoll, „das wollte ich mir nicht antun.“

Lars Siebert studierte Lebensmitteltechnologie und war danach als Entwicklungsingenieur im Berliner Backwarenkombinat tätig; seine Frau, ebenfalls Lebensmitteltechnologin, arbeitete in einem Ingenieurbüro. Erst nach dem Mauerfall entschieden sich die beiden, die Bäckerei als Familienbetrieb weiterzuführen.

Sieberts Sortiment kann ich sehen lassen

Eine angesagte Adresse war Siebert schon immer, nun stieg die Kiezbäckerei am Arnimplatz nach und nach in den Status einer Institution auf: Das Hamburger Feinschmecker-Magazin zählt den kleinen Laden mit angeschlossenem Mini-Café seit 2004 zu Deutsch-lands besten Bäckereien, die Leser der B. Z. wählten sie unter ihre Lieblingsbäckereien, „Goldene Brezeln“ und andere Ehrungen füllen Wände.

Und auch beim jüngsten Brötchentest der Berliner Bäcker-Innung gab es 100 Punkte für die Splitterbrötchen, Dinkelsprossen-brötchen und die Mohnhörnchen à la Siebert.

Fleiß ist kein Hexen-Werk?

„Der Grund dafür ist kein Hexen-Werk, sondern Hand-Werk“, sagt Steffen Bendin, 45, Bäcker von Beruf und seit 1998 bei Siebert. Tatsächlich werden beispielsweise die Schrippen hier Stück für Stück noch mit der Hand „gedrückt“ und „frei geschoben“, das heißt, direkt auf der Steinplatte gebacken.

„Nach 12 bis 15 Minuten Backzeit bei 240 Grad Celsius sind sie dann so, wie Schrippen sein müssen“,fügt Bendin hinzu, „knusprig, knackig, mit gleichmäßiger Lockerung und perfekt im Geschmack.“

Holger Ußkereit, ebenfalls Bäcker von Beruf, ergänzt: „Und das ganze gibt’s ohne industrielle Back-mischungen, vorgefertigte Rohlinge oder künstliche Zusatzstoffe – also nix Mehlreifungsmittel, Teigerweichungsmittel, Bleichmittel, Säuerungsmittel und was es sonst noch so gibt.“

Das Maß aller Dinge ist bei Siebert der Sauerteig und viel Zeit für dessen Reifung. Echtes Handwerk eben.

Bäckerei Siebert
Schönfließer Straße 12
10439 Berlin-Prenzlauer Berg
Tel. 030 – 445 75 76
www.baeckerei-siebert.de

Mehr zu der großen Reihe der 750-Jährigen Bäckerei-Innung findet ihr hier!

Genuss für unterwegs – GARCON als APP

Click to comment

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

To Top