Immer wenn wir denken, es gibt schon alles in der Stadt, werden wir eines Besseren belehrt und besuchten den Eierimbiss oder eben die Egg Kneipe.
Die meisten Schlagzeilen macht – wenn’s um Hühnereier geht – Italien. Keine Ahnung, warum. Das Land liegt, zieht man den jährlichen Pro-Kopf-Verzehr zu Rate, mit 233 Stück auf einem mickrigen siebten Platz in Europa, abgeschlagen hinter Spanien (304), Tschechien und Dänemark (je 260). Und selbst Deutschland steht mit einem statistischen Durchschnittswert von 246 Stück pro Kopf und Jahr immer noch besser da.
Trotzdem geisterten beispielsweise erst jüngst wieder mal Namen durch die internationale Presse, die vermuten lassen, dass die echten Eier-Nerds eben doch in Bella Italia zu Hause sind. Michele Baldinis Spiegeleier-Skulpturen lassen wir aus hoffentlich nachvollziehbaren Gründen mal außen vor, aber Paolo Parisis Supereier sind dann doch schon eine mehr als erwähnenswerte Angelegenheit. Der Mann aus Usigliano di Lari, einem toskanischen Dorf auf halbem Weg zwischen Pisa und Volterra, hält seine Legehennen der Rasse Galline Livornesi in einem Wald hinterm Haus, füttert die teuren Tierchen mit einem Getreide-Ziegenmilch-Brei und tut auch sonst alles für deren Wohl. Die danken es ihm mit zwar weniger Eiern als ihre auf Legeleistung getriezten Verwandten in der industriellen Produktion, aber dafür mit derart göttlicher Aromatik, dass Spitzenköche selbst von weit her Parisis Eier ordern, Stückpreis immerhin fünf bis sechs Euro.
Auf diese Eier vom anderen Stern angesprochen, überlegten auch die Betreiber von Berlins erster Egg Kneipe schon mal zaghaft, entschieden sich aber dann doch für die Beibehaltung des Status quo – Bio-Eier aus der Region. „Wir sind zwar einmalig“, so Thies Wulf, Patrick Walter und Daniel Günther, „aber nicht elitär.“
Das kreative Trio eröffnete Ende des vorigen Jahres die Egg Kneipe, die sich zwar weder an einer Ecke befindet noch eine Kneipe ist, aber was soll’s, auch der Name macht’s. „Ein paar Typen dachten tatsächlich, der sei uns zuerst eingefallen und dann hätten wir ein Konzept dazu gebastelt“, erzählt Patrick Walter, „aber so lief das nicht. Es gab die Idee eines Sandwich-Ladens, irgendwer brachte dann die Egg’n’roll-Geschichte ins Gespräch, New York und so, das war’s dann.“
Walter, Wulf und Günther mieteten ein Budchen am Kottbusser Damm, unterzogen es einer generalen Sanierung, die von einer erheblichen optischen Aufwertung – grüne Fliesen, schwarze Wände, Holz und Eisen – begleitet wurde, brachten auf wenigen Quadratmetern alles unter, was eine Imbiss-Küche so braucht und starteten ins gastronomische Geschäft. Damit auch in stressigen Situationen nichts anbrennt, holten sie eine Profiköchin ins Boot.
Zudem sicherten sie sich die Gunst erstklassiger Lieferanten. Das Brot kommt aus der Neuköllner Biobäckerei Endorphina, den Käse liefert – natürlich – Fritz Blomeyer und das Wichtigste, die Eier, stammen von glücklichen Hühnern des ÖkoGutes Krauscha in der Oberlausitz. Sie werden gerührt und gebraten und kommen dann pur, mit famosem Allgäuer Sennkäse oder hausgebeiztem Lachs auf die schönen Keramikteller aus Amsterdam; es gibt sie als Spiegelei, ebenfalls mit allerlei Beilagen oder als Omelette und – kulinarisches Highlight der Egg Kneipe – als Egg Roll. Sieben Varianten nennt die Karte, der Teig besteht in jedem Fall aus Kastanien- und Reismehl, Eiern, Quark und Gewürzen, lediglich die Füllungen sind verschieden. Leider gibt es nur drei, vier Barhocker, ansonsten sind Stehtische angesagt. Imbiss eben, aber da muss man halt durch.
EGG KNEIPE
Kottbusser Damm 1
10967 Berlin-Kreuzberg
www.eggkneipe.de