Ein Reisebericht von Rose Marie Donhauser
Das jüngste Land der Erde bedient viele Klischees. Von Geysiren und Vulkanausbrüchen, von Trollen und Feen, von Ponys, von Island-Krimis und mittlerweile überstandener Finanzkrise, aber vor allem von der Faszination der Natur und der Freundlichkeit der Isländer.
Wir stehen einsam in einer Art Mondlandschaft und betrachten die erstarrten Lavabrocken, die mit Moos überzogen sind und durch die Sonnenstrahlen einen schillernden Lichtzirkus veranstalten. Ein Jeep fährt vor, mit (überaschenderweise) einem Berliner Kennzeichen. Wir kommen mit dem Fahrer ins Gespräch und erfahren, dass er Berliner ist und mit der Fähre von Dänemark über die Faröer Inseln nach Island gekommen ist. Er sei schon gefühlte tausend Mal auf dieser Insel gewesen und könnte sich mit Recht als „Islandsvinur“ bezeichnen, jenen „Island-Freunden“, die sich mit Euphorie das Land „erarbeiten“. Wir stehen damit am Anfang unserer Islandreise, bei der wir keine Ortschaft und keinen Vulkannamen aussprechen, geschweige denn in das GPS Navigationssystem richtig geschrieben eingeben können.
Unser Ausgangspunkt war die Hauptstadt Reykjavik, in der ein Drittel der etwa 350.000 Einwohner Islands leben. Das Wahrzeichen ist die beeindruckend schöne Pfarrkirche „Hallgrímskirkja“, deren weiße Farbe an Gletscher erinnern und mit den Basaltsäulen die isländische Landschaft darstellen soll. Am Hafen dominiert innovativ-nordisch das Konzerthaus und ein paar Schritte weiter, steht das wohl beliebteste Fotomotiv, „Sólfar“. Ein von Jón Gunnar Árnason gestaltetes Sonnenschiff, das mit dem Meer „spielt“ und vermeintlich jederzeit in See stechen könnte.
Reykjavik ist eine gemütliche (Klein)Stadt, die eine umtriebige Kneipenszene und vor allem eine erstaunlich große Anzahl von Restaurants hat. Sogar Jamie Oliver ist mit seinem „Jamie´s Italian Restaurant“ im Hotel Borg vertreten. Ein Familienrestaurant mit gutem und, für isländische Verhältnisse, relativ günstigem Essen. Im Vergleich zu Deutschland war es jedoch teuer, im Prinzip zahlten wir für alles mehr als das Doppelte. Ausgenommen war der erstaunlich moderate Benzinpreis. Für Island ist der Tourismus der zweitwichtigste Wirtschaftszweig (nach Fischfang und Erdwärme/Energie), es kommen jährlich fast doppelt so viel Touristen, wie Island Einwohner hat. Die letzten Jahre war viel von einem „Overtourism“ zu lesen, doch momentan bleiben die Tourismuszahlen mit nur leicht steigender Tendenz stabil. Wahrscheinlich ist es für die meisten Touristen einfach zu teuer geworden.
Auf anderen Wegen
Die Ringstraße Nr.1, Hringvegur, mit einer Länge von knapp 1400 Kilometern führt einmal rund um die Insel. Auf der gut ausgebauten Nationalstraße fuhren wir von Reykjavik zu bekannten Orten wie Sellfoss, Vik, Kirkjubæjarklaustur, bis nach Höfn. Nicht nur die Geschwindigkeitsbegrenzung von 90 km/h, sondern auch die vielen interessanten Stopps ließen uns nur langsam vorankommen. Wasserfälle, Spaziergänge in den unterschiedlichsten Lava-Landschaften, die Aussicht auf den Vulkan „Eyjafjallajökull“, der 2010 mit seiner Aschewolke den europäischen Flugbetrieb lahmlegte, und die Vulkane Hekla und Vatnajökull, die von jedem Blickwinkel wieder neue Fotomotive hergaben. Speziell der schwarze Lavastrand in und um den 500 Einwohner zählenden Ort „Vík í Mýrdal“ sowie die vier aus dem Meer ragenden Felsnadeln Reynisdrangar, Skessudrangur, Landdrangur und Langsamur waren atemberaubend schön. Sie sollen laut isländischen Sagen Trolle sein, zudem dienten sie unter anderem auch als Kulisse in dem Musikvideo „auf anderen Wegen“ von Andreas Bourani.
Meditativ zum Golden Circle
Um 1 Woche Island zu erkunden, reichte die etwa 450 Kilometer lange Küstenstraße bis nach Höfn, um auf der Rückfahrt nach Reykjavik in Hella die Ringstraße zu verlassen. Weiter ging es nördlich zum Golden Circle, mit den Sehenswürdigkeiten wie dem Nationalpark Thingvellir, den Geysiren Strokkur und Geysir sowie dem Wasserfall Gullfoss. Wir erkundigten uns oft in unserer nächsten Unterkunft, welches „Schwimmbad“ in der Nähe ist. In Hella „meditierten“ wir in verschiedenen Hot Tubs, in Laugarvatn und Flúðir lümmelten wir uns in den dampfenden Thermalquellen von Fontana und Secret Lagune.
In jedem noch so kleinem Ort gibt es die kommunikativen „heißen Töpfe“, die von Einheimischen, auch gerne mit einem Bier in der Hand, besucht werden. Für die „Blaue Lagune“, die unweit vom internationalen Flughafen Keflavik entfernt ist, mussten wir uns Tage vorher schon anmelden. Der Preis mit 80,- € p.P. war recht knackig, das Erlebnis allerdings spektakulär: Mit Schlammmaske im Gesicht, einen Skyr-Smoothie in der Hand, den schwefeligen Geruch von faulen Eiern in der Nase, „gefühlt leicht gekocht“ im dampfenden, leise blubberndem Thermalwasser sitzend – das ist Island für Einsteiger.
Buchempfehlung für Island:
Von Autor Kristof Magnusson „Gebrauchsanweisung für Island“ (Piper Verlag)