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Harissa – Würzpaste aus Tunesien im Aufwind

„Es stimmt natürlich, dass Harissa in allen Maghreb-Ländern und im Vorderen Orient hergestellt und verarbeitet wird, ihrem Ursprung hat sie allerdings in Tunesien“…

Harissa Dosen Stapel„Es stimmt natürlich, dass Harissa in allen Maghreb-Ländern und im Vorderen Orient hergestellt und verarbeitet wird, ihrem Ursprung hat sie allerdings in Tunesien“, klärt Badi Klibi auf, Generaldirektor des Verbandes der tunesischen Konservenproduzenten.

Bereits seit dem 17. Jahrhundert wird die feurig-scharfe Paste in Klibis nordafrikanischer Heimat hergestellt, traditionell aus Chilischoten, Knoblauch, Kümmel, Koriander und Salz. „Anderswo verwenden sie auch Cayennepfeffer, Eisenkraut- und Pfefferminzblätter, das hat aber mit dem Originalrezept nichts zu tun“, so der Manager. Ohne Harissa geht in der tunesischen Küche – wegen ihrer Paprika- und Tomatenlastigkeit häufig auch „rote Küche“ genannt – übrigens fast nichts. Die Würzpaste wird mit Brot und Olivenöl als Vorspeise serviert, sie verfeinert Couscousgerichte, und die tunesische Bruschetta Slatet Blankit ist ohne sie undenkbar. Und auch in Deutschland gewinnt Harissa an Beliebtheit. Doch nicht jede Dose, die hierzulande verkauft wird, enthält auch das Original, da wird wild gewürzt und frech gestreckt. Deshalb wurde das „Food Quality Label Tunisia“ geschaffen.

Scharfe Sache – Harissa

Drei Frauen und der Herr Generaldirektor Zgolli sind Harissa-Botschafter, Manager von Manufakturen, deren Produkte das „Food Quality Label Tunesia“ tragen. Das traditionsbewusste Quartett klärt auf: Um den Anforderungen des Labels gerecht zu werden, müssen mindestens 85 Prozent rote Chilischoten der klassischen tunesischen Sorten Beldi, Meski, Baklouti oder Mserreh der Kairoun verarbeitet werden. Außerdem mindestens drei Prozent Knoblauchpaste, zwei Prozent Korianderpulver, ein Prozent Kümmel sowie maximal drei Prozent Salz.

Die Frische muss gewährleistet sein

Damit die Frische der Harissa gewährleistet ist, dürfen zwischen der Ernte der roten Chilischoten und dem Beginn des Herstellungsprozesses der Gewürzpaste nicht mehr als 36 Stunden liegen. „Außerdem“, so Neila Ben Rejeb, Leiterin der Qualitätskontrolle beim Hersteller Sticap in Dar Allouch, „muss die verwendete Knoblauchpaste am Tag der Harissaproduktion zubereitet werden.“ Generaldirektor Zgolli aus Korba ergänzt: „Sie sollten noch wissen, dass sich alle zertifizierten Betriebe einem strengen Kontrollverfahren stellen, das mit der Einhaltung von Hygienestandards beginnt, die Sicherheitsvorkehrungen einschließt und mit strengen Geschmackstests endet.“

Frau Ackermann, Sie sagen, Harissa gewinnt auch in Deutschland an Beliebtheit. Gibt es Belege dafür?

Durchaus. Von den 30.000 Tonnen Jahresproduktion in Tunesien wird ungefähr ein Drittel exportiert. Deutschland hat sich unter den europäischen Abnehmerländern mit rund 200 Tonnen jährlichNuria Ackermann immerhin auf den vierten Platz ‚vorgearbeitet‘ – nach Frankreich, Belgien und Italien übrigens. Deutsche Hobbyköche sind sehr experimentierfreudig und benutzen Harissa beispielsweise zum Würzen von Suppen, Saucen und Pastagerichten.

Und Profiköche?

Auch bei den Herdprofessionals ist Harissa durchaus ein Thema. Der Zwei-Sterne-Koch Peter Maria Schnurr etwa serviert in seinem Restaurant Falco im Hotel The Westin in Leipzig eine exzellente kleine Vorspeise: Pak Choi im Glas mit einem Dip aus Erdnusscreme und Harissa. In Berlin ist Marcel Scholtun, der Küchendirektor vom Meliá-Hotel in der Friedrichstraße, ein ausgesprochener Freund unserer Würzpaste, aber auch andere Küchenchefs probieren Harissa aus.

Weshalb kümmert sich Ihre Organisation so engagiert um die tunesische Harissa-Produktion?

Die UNIDO, also die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung, für die ich tätig bin, kümmert sich nicht allein um die Harissa-Produktion und -Vermarktung. Wir kooperieren beispielsweise mit dem Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft und natürlich auch mit tunesischen Stellen, etwa dem Ministerium für Industrie und Handel und dem Verband der Lebensmittelkonservenindustrie GICA. Wir tun das deswegen, weil Harissa für Tunesien ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist. Ich sagte Ihnen schon, dass das Land jährlich etwa 11.000 Tonnen der Würzpaste exportiert. Das entspricht einem Wert von rund 50 Millionen Dinar, also 21 Millionen Euro. Den stabil zu halten und, wenn möglich, sogar zu steigern, macht 25.000 Arbeitsplätze, die an der Wertschöpfungskette rund um Harissa beteiligt sind, sicherer und hilft natürlich auch, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

www.unido.org

Zu einer spanisch inspirierten Küche gehört unbedingt auch Harissa, Herr Scholtun?

Unbedingt nicht, aber dann und wann schon. Eigentlich hat Harissa ja irgendwie auch etwas mit Marcel Scholtun - Küchenchef Melia Hotel BerlinSpanien zu tun, denn Christoph Kolumbus brachte die Samen der scharfen Chilischoten – die Basiszutat der Gewürzpaste – einst mit nach Europa, wo ihnen das Klima gut behagte, sie reichlich keimten und von wo aus die Gewürzpflanzen bald ihren Siegeszug antraten. Daran erinnert zum Beispiel auch die Tatsache, dass Chili-, ebenso wie Paprikapulver, lange den Namen „Spanischer Pfeffer“ trug.

Wie setzen Sie Harissa in Ihrer Küche ein?

Wir haben aktuell ein Gericht auf der Karte unseres Restaurants Café Madrid, das mein Sous Chef Jens Streubel entwickelt hat. Jens war vor etlichen Jahren als Koch auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa tätig, hat zwei Weltreisen mitgemacht und dabei viele exotische Produkte kennengelernt. Davon profitieren wir natürlich in unserer Küche.

Wie heißt das Gericht?

Wir offerieren es als Ochsenschwanzessenz mit roten Linsen, Harissa und Chubz.

Chubz?

Ja, es gibt natürlich auch andere Schreibweisen, aber ob nun Khubz oder Khubus – immer ist damit ein arabisches Fladenbrot gemeint. Grundlage ist ein Hefeteig aus Vollkornmehl, der in der Pfanne trocken geröstet und dabei gepresst wird.

Und wo kommt Harissa zum Einsatz?

Wir würzen eine Selleriecreme damit, dazu kommen kleine Dumplings. Sie sind mit einem Ragout aus roten Linsen gefüllt, dem wir mit Koriander, Kreuzkümmel sowie Ras el-Hanout eine besondere Geschmacksnote geben. Komplettiert wird mit frittiertem Basilikum, einigen Chips von blauen Kartoffeln, Paprikagel und Minzjoghurt. Dann wird am Tisch eine kräftige Ochsenschwanzessenz angegossen. Und dazu servieren wir eben besagtes Chubz.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.melia.com

Gericht mit Harissa

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