Josefine Staats, die bislang mit ihrer Kulau GmbH und diversen Kokosprodukten für einige Aufmerksamkeit sorgte und Marcus Lind, ihr Partner im Leben wie im Beruf, waren nach Spanien geflogen, um ein neues Geschäftsbild vorzubereiten – Algen. „Als wir vor einigen Jahren mit unseren Kokosprodukten an den Markt gingen, gab es viele Skeptiker, die meinten, dass wir damit keine Chance hätten. Okay, dachte ich, also nutze ich sie.“
Mit dieser Haltung lag die 41-jährige völlig richtig. Kulau-Kokosprodukte, die übrigens unter Einhaltung hoher ethischer und ökologischer Standards hergestellt werden, gehören inzwischen zum Programm vieler Bars und Bioläden.
Deshalb planen Staats und Lind nun eine zweite Produktlinie. „Wir wollen die Algen aus dem kulinarischen Abseits holen.“ Die Costa del muerte, die Todesküste, wie sie einst von Seeleuten genannt wurde, liegt im äußersten Nordwesten Spaniens, im Regenland Galicien. Josefine Staats und Marcus Lind sind hierher gefahren, um Antonio und Rosa Antel zu besuchen, die bekanntesten Algenproduzenten der Region. „Der Begriff „Produzent“ beschreibt allerdings die Arbeit der beiden Unternehmer und ihres Teams nur unzureichend“, so Josefine Staats, „weil sie in Wirklichkeit Jäger, Sammler und Verarbeiter sind.“
Wenn der Atlantik ruhig ist und Ebbe herrscht, kann „geplückt“ werden. Die Wassertemperatur liegt bei 13 Grad Celsius, der Boden ist steinig, und es braucht viel Kraft und noch mehr Geschick, die Pflanzen an Land zu holen. Bis zu 80 Kilogramm schaffen die Männer an einem Erntetag, zwanzig verschiedene Algensorten. Verarbeitet werden sie ein paar Kilometer landeinwärts.
Schon mal Algen probiert?
Antels Manufaktur bietet frische Algen im Glas oder in der Dose, getrocknete Algen, Reis mit Algen, Tee mit Algen, Algenpesto, Algensalat, Algentatar und eine Reihe weiterer Spezialitäten.
Über zwei Millionen Euro Umsatz jährlich stehen inzwischen zu Buche, Tendenz steigend. Obwohl sich immer mehr Gastronomen und Großhändler nicht nur in Spanien für das Gemüse aus dem Meer interessieren, es bleibt allerdings noch ein Nischenprodukt, zumindest in Europa.
Für Antonio und Rosa Antel ist es jedoch auch ein Produkt mit viel kulinarischem Potential: „Wir wissen, dass Algen Zukunft haben.“ Die Berliner Josefine Staats und Markus Lind sehen das genauso.
„Bei einem Kokoscocktail in Singapur habe ich meine Kokosleidenschaft entdeckt“, erzählt Josefine Staats. Das war 2007. Ein Jahr später gründete sie in Berlin die Kulau GmbH und begann, die tropischen Nüsse zu importieren und zu verarbeiten.
Neben drei Sorten Kokoswasser, Kokosöl, Kokosmehl und Kokosblütenzucker kommt noch in diesem Jahr der erste Kokosjoghurt auf den Markt – eine Zubereitung, die wie alle anderen auch, unter Einhaltung hoher ökologischer und ethischer Standards hergestellt wird.
„Die Inhaltsstoffe sind weder künstlich stabilisiert noch wird der Jogurt mit sogenannten natürlichen Aromen aufgepeppt, die am Ende auch nur ein Chemieprodukt sind“, so Marcus Lind, Partner der Firmengründerin im Beruf wie im Leben.
„Die Kokosprodukte sind die DNA des Unternehmens“ so Lind, „allerdings benötigen wir ein zweites Standbein.“ Das sollen nun die Algen werden, frische, wilde Meeresalgen von unberührten spanischen Küsten, etwa aus Galicien oder von der Kanareninsel Fuerteventura. Josefine Staats: „Sie haben ein enormes kulinarisches Potential.“
Um das zu erschließen, hat die Kulau- Mannschaft nun begonnen, aus Wild Sea Spaghetti, Green Caviar, Dulse, Nori und Co. alltagstaugliche Algenrezepte zu kreieren und zu testen.
Der dritte im Bunde der jungen Berliner Algen-Connection ist der Kochprofi Song Lee.
Der gebürtige Südkoreaner, Kochlehre im Berliner Grand Hyatt und später unter Josef Eder auch Küchenchef, hatte sich schon dort mit dem Gemüse aus dem Meer beschäftigt.
Er kreierte die ersten Algengerichte, etwa einen gerillten Rochenflügel, den er mit Wakamesalat servierte oder einem Garnelenteller, dem Meeresspaghetti den besonderen Kick geben. „Die verschiedenen Algensorten geben den Gerichten ein ganz eigene Aroma, einen neuen Geschmack und auch eine andere Struktur“, so Song Lee.
Mit Blick auf auf seine ersten Produktentwicklungen für die Kulau GmbH – zwei Algensalate und süchtig machende Algen-Chips mit Kokosblütenzucker – glaubt man den drei Algen-Pionieren gern, wenn sie sagen: „Kombu und Co. Sind mit Sicherheit ein Nahrungsmittel der Zukunft.“