Good Food Syndicate – Regionale Diversität

Zitat: Als Motto unseres Good Food Syndicates haben wir formuliert: WIR LASSEN GUTES ESSEN WACHSEN. Das ist einerseits ein Bekenntnis zur Diversität, zur Vielfalt auf unseren Äckern, zum Rückgriff auf alte, samenfeste Landsorten mit Geschmack anstelle logistisch optimierter Hochleistungs-F1-Hybriden mit dessen weitgehender Abwesenheit und andererseits zu regionalem Wirtschaften, kooperativem Netzwerken, zu sozialer Fairness und damit letztlich zu verantwortlichem Handeln für eine lebenswerte Gegenwart und Zukunft.“

Das Food Syndicat

Lena Buss und Philipp Adler leben in Altglobsow. „der Ort ist ziemlich klein und ein bisschen abgelegen“, erfahren wir, die angebotene Wegbeschreibung lehnen wir dennoch dankend ab. Das Internet kennt Altglobsow, so schlimm kann es also nicht sein. „Dorf am nördlichen Ufer des Globsowsees“, lesen wir, „erste urkundlichen Erwähnung 1419, im Mittelalter Zerstörung und Aufgabe, Mitte des 18. Jahrhunderts auf Anordnung Friedrichs II. Neubesiedlung.“

Wir machen uns auf den Weg – die B96 in Richtung Norden, Oranienburg, Löwenberg, Gransee, Dannenwalde, Fürstenberg. Hier spielt das Navi verrückt und wir müssen fragen. Die Auskunft eines Postboten ist zwar einsilbig, aber eindeutig. Wir müssen zurück. Eine Landstraße führt wieder in Richtung Süden, nach fünf Kilometern endlich ein Wegweiser, der uns nach Altglobsow leitet. Das 84-Einwohner-Dörfchen gehört zur Gemeinde Großwoltersdorf und bietet so wenig Sehenswertes, dass selbst Theodor Fontane es bei seinen Wanderungen durchs Ruppiner Land links liegen ließ und keines Wortes würdigte.

In diesen letzten Winkel Brandenburgs, den Fontane als „verlorene Grafschaftsecke“ beschrieb, in der man offenbar auch nicht besonders nett zueinander war – „Tabellen wären hier anzufertigen mit drei Rubriken nur: erschlagen, erschossen, ertrunken“ – hierher also verschlug es Lena Buss und Philipp Adler auf ihrer Suche nach Ackerland und Selbstverwirklichung. Beide stammen aus Baden-Württemberg, Philipp Adler aus Leimen bei Heidelberg und Lena Buss aus Ilvesheim bei Mannheim.

Die 36-Jährige absolvierte eine Ausbildung zur Baumschulgärtnerin in Erfurt und ging dann zum Studium an die Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde, Fachrichtung Ökoagrarmanagement. Hier lernte sie Philipp Adler, 43, kennen, der in Leipzig Geografie studiert hatte, danach am dortigen Biomassenforschungszentrum wissenschaftlich tätig war und sich an der Eberswalder Hochschule für einen Weiterbildungskurs eingeschrieben hatte.

Den Entschluss, sich gemeinsam eine landwirtschaftliche Existenz aufzubauen, folgte die Suche nach einem möglichen Standort für ihr Vorhaben. Wie lange man dafür braucht, wenn man kein eigenes Land besitzt, merkten Lena Buss und Philipp Adler schnell. In ihrer baden-württembergischen Heimat etwa liegt der Kaufpreis für einen Hektar Ackerland derzeit bei über 30.000 Euro, aber auch in Brandenburg werden inzwischen 15.000 Euro und mehr aufgerufen – entsprechend hoch sind natürlich die Pachten.
Spekulationsobjekt Boden, ein Thema, das nicht nur in Städten akut ist, sondern längst auch dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen…
Lena Buss und Philipp Adler fanden in Altglobsow drei Hektar Pachtland und starteten 2020 ihr Projekt Good Food Syndicate. Sie beschreiben es als „kleine Vielfaltsgärtnerei mit über 50 Kulturen – Kräuter, Gemüse, Obst und Blumen, alles biozertifiziert.“ Es gibt einen Selbsterntebereich und einen winzigen Hofladen; zudem liefert Good Food Syndicate saisonale Gemüsekisten an private Verbraucher und versorgt Restaurants in Brandenburg und Berlin mit diversen Produkten.

Unser Besuch in Altglobsow liegt schon mehrere Monate zurück. Ein Herbsttag mit Sonnenschein, das macht den Biohof von Lena Buss und Philipp Adler noch ansehnlicher als er ohnehin ist. Die Vielfalt auf den Feldern überzeugt schon auf den ersten Blick – keine F1-Hybriden, kein „ortloses Globalgemüse“, sondern samenfeste Landsorten mit inspirierenden Geschmacksfacetten jenseits des gleichförmigen Mainstreams.
Da steht der berühmte zuckerreiche Filder Spitzkohl, den wir bisher ausschließlich in der Umgebung von Stuttgart vermuteten; dort der dekorative Palmkohl „Nero di Toscana“; es gibt Gelbe und Rote Bete, Knollenfenchel, Mangold, Porree, Sellerie, den violetten Grünkohl der Uraltsorte „Hoher roter Krauser“, den feingekrausten „Winterfürst“-Wirsing… In ihren beiden modernen Gewächshäusern kultivieren Lena Buss und Philipp Adler die robuste Schlangengurke „Arola“, die geschmacklich grandiose „Berner Rose“, eine der besten Fleischtomaten im Land sowie weitere Spezialitäten.
Und – last but not least – werden in Altglobsow einige alte Kartoffelsorten angebaut, Kartoffeln mit Charakter wie das Bamberger Hörnchen, das zwar auf dem Acker wie in der Küche ausgesprochen viel Arbeit macht, dafür aber mit einem buttrig-nussigen Geschmack entschädigt, der seinesgleichen sucht. Ja, hier wird Landschaft wieder essbar!

Genuss für unterwegs – GARCON als APP

GOOD FOOD SYNDICATE
Seestraße 1a
16775 Großwoltersdorf OT Altglobsow
Tel. 0163 – 735 38 93
www.gfsyn.de

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