Exotische Bio-Speisepilze aus Fehrbellin

Das „Exotic Mushroom Center“ im nordbrandenburgischen Fehrbellin züchtet Bio-Speisepilze mit hohem Healthfood-Potential. Neben Shiitake steht jetzt auch die Zucht von schmackhaften Exoten wie Enoki, Löwenmähne, Goldkäppchen oder Samthaube auf dem Anbauplan. Wir sprachen mit Gerhard Dannapel, Speisepilz-Zuchtexperte und verantwortlicher Vertriebs- & Marketingleiter bei der EMC GmbH.

G: Herr Dannapel, zu den immer stärker nachgefragten Speisepilzen, die Sie auf Ihrer Pilzfarm in Fehrbellin züchten, zählt der Shiitake. Warum sollten nachhaltigkeitsbewusste Asiaküchen-Profis und Healthfood-Köche diesen gesunden Exoten eher von Ihrer Farm, statt über einen Asiagrossmarkt beziehen?

D: Ganz klar, weil unsere Zucht-Shiitake aus kontrolliertem Bio-Anbau stammen und pflückfrisch aus der Region kommen. Sie haben keine langwierigen und aromakillenden Übersee-Lieferwege hinter sich, die umweltbelastenden Frachttransport-Verpackungen benötigen, so wie sämtliche Pilze aus dem Asia-Importhandel. Summa summarum verursacht unser Fehrbelliner Shiitake bei sehr guter Geschmacksqualität einen äußerst kleinen CO₂-Fußabdruck. Das ist also wirklich nachhaltig.

G: Wo liegt der (geschmackliche) Unterschied zwischen Ihren Shiitake-Züchtungen und denen aus chinesischen oder japanischen Großbetrieben, die auf internationalen Asiamärkten gehandelt werden? Oder anders gefragt: Braucht es spezielle Anbauvoraussetzungen und Züchtertricks, damit der Exot auch auf dem Brandenburger Land genauso gut gedeiht und schmeckt, wie ein Shiitake aus Japan? 

D: Im Großen und Ganzen sind die Shiitake-Anbaumethoden weltweit überall die gleichen. Einige geografische Faktoren, wie die jeweils verfügbaren Nährstoffe variieren natürlich. Gerade das für die Anzucht verwendete Baumholz bzw. Sägemehl als Nährboden hat entsprechenden Einfluss auf die Aromenbildung des Pilzes. Wir verwenden vorzugsweise Sägemehl aus Eichenholz, dessen Tannine am Ende eine würzigere Geschmacksnote hervorbringen, als Buchen- oder Birkenholz. Man kann beim Shiitake also nie ein konstant identisches Geschmacksergebnis erwarten, was ja irgendwie auch seinen Reiz hat. Insgesamt haben asiatische Züchter bei diesem Pilz wie auch bei sämtlichen anderen exotischen Kulturspezies die Nase vorn, genauso wie wir Europäer das beim Kultivieren von Champignons haben.

Im Gespräch mit Gerhard Dannapel

Auf unserer Biofarm bemühen wir uns, den Pilzen beim Wachsen möglichst viel Zeit zu lassen und ihr Wachstum nicht künstlich zu beschleunigen. Hier spielt auch die richtige Luftfeuchtigkeit bei der An- und Aufzucht eine entscheidende Rolle, damit die Pilze weder zu viel, noch zu wenig Wasser ziehen und zur Pflückreife weder eine schwammige noch eine brüchige Konsistenz haben. Im Ergebnis sollen sie knackig-elastisch und schnittfest sind.

G: Welche Speisepilz-Arten züchten Sie gegenwärtig in den Hallen Ihres Exotic Mushoom Centers?

D: Generell wollen wir uns den Kundenwünschen anpassen, also ein rein nachfrage-orientiertes Angebot liefern. Momentan sind wir da mit Shiitakepilzen und Kräuterseitlingen auf einem guten Weg. Kürzlich haben wir auch noch Austernpilze ins Programm aufgenommen, demnächst auch als gelbe und rosafarbene Sorten, die auf dem Teller natürlich auch sehr dekorativ ausschauen. Insgesamt fokussieren wir uns auf den Anbau von besonders delikaten Pilzexoten, die sich gut für die feinere Küche eignen und durch ihre gesunden Inhaltsstoffe zugleich auch wertvolle Vitalkraftbringer sind.

G: Verraten Sie uns, welche „Powerpilz-Exoten made in Fehrbellin“ das mit Blick aufs kommende Jahr sein werden? 

D: Zum Beispiel der Maitake, zu deutsch Klapperschwamm, der seit Urzeiten nicht nur in der traditionellen chinesischen Medizin, sondern auch in der asiatischen, vor allem der japanischen Küche seinen festen Platz hat. Hierzulande ist er bis jetzt so gut wie gar nicht als Speisepilz geläufig. Oder der süßlich-milde, weiße Enoki-Pilz, auch „Samtfußrübling“ genannt, der in bleistiftdünnen Stängeln wächst und immer häufiger nachgefragt wird. Auch die „Löwenmähne“ oder „Igelstachelbart“ – ein knolliger, haariger Vitalpilz, der geschmacklich an gebratenes Kalbfleisch oder Hummer erinnert – wird zukünftig in unseren Zuchthallen sprießen. Ebenso wie das „Goldkäppchen“ bzw. „japanisches Stockschwämmchen“, ein kleiner, nussig schmeckender und fruchtig duftender Pilz. Und natürlich auch die nach Maronen und Pinien schmeckende „Samthaube“, ein köstlicher Edelzuchtpilz, der wegen seines festfleischigen würzigen und steinpilzähnlichen Fleischs schon im alten Rom verzehrt wurde und seit Ewigkeiten in der traditionellen italienischen oder französischen Landküche zu Hause ist. Last not least steht auch der nussig-süßliche, leicht nach Anis schmeckende Shimeji-Pilz – zu Deutsch Buchenpilz, weil er auf Buchenholz wächst – auf unserem Anbauplan.

G: Wie sieht es mit der Zucht von reinen Heilpilzen aus, die weniger für die Küche gedacht sind?

D: Leider dürfen wir hierzulande – anders als in Asien – laut EU-Gesetz schon mal gar nicht von Heilpilzen sprechen bzw. diese Pilze als heil-wirk-sam bezeichnen. Lediglich der Begriff Vitalpilz ist als Bezeichnung legitim. Als solche Vitalpilz-Spezie, die dann in pulverisierter Form zu Nahrungsergänzungsmitteln weiterverarbeitet wird, werden wir den Reishi-Pilz züchten. Wobei dieser als „Pilz des Lebens“ bezeichnete Exot, längst nicht nur bei Autoimmunerkrankungen, Bluthochdruck oder Histaminintoleranz hilft, sondern durchaus auch in der Küche funktionieren kann. Kreative Gesundheitsköche verwenden ihn als Gewürz und nutzen seine gesunden Bitterstoffe gern für Kontrastaromen – eine Messerspitze in der Pilz- oder Gemüsepfanne kann das geschmackliche i-Tüpfelchen ausmachen. 

Bio-Speisepilze

G: Steht Ihnen für all die genannten Züchtungspläne denn überhaupt genügend Anbaufläche zur Verfügung?

D: Unsere neuen Bio-Zuchtanlagen sind so großzügig ausgestattet, dass wir theoretisch parallel über zwanzig verschiedene Speise- und Vitalpilzsorten in getrennten Hallen und in größerer Menge anbauen könnten. Noch steckt die Nachfrage in den Kinderschuhen, aber sobald sich das ändert, sind wir für alles gewappnet.

G: Wie können sich Gastronomen und Restaurantköche von der geschmacklichen Qualität Ihrer Bio-Zuchtpilze überzeugen? 

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D: Gern schicken wir den Interessenten nach einem persönlichen Erstgespräch ein kostenloses Probierpaket (MixTray) mit pflückfrischen Exemplaren zu. Und natürlich laden wir jeden Küchenchef oder Restaurantinhaber gern ein, uns auf unserer Farm in Fehrbellin zu besuchen, um sich ein genaues Bild über die Anbaubedingungen unserer Pilze machen zu können.

G: In Kürze wollen Sie über Ihren neuen EMC-Shop erstmals auch Mini-Pilzgewächshäuser samt Anbauhilfe anbieten, an denen durchaus auch der eine oder andere fungibegeisterte Restaurantkoch Gefallen finden könnte?

D: Ja, das sind quasi Terrarium-artig designte Kunststoffkästen mit Spezialbeleuchtung, in denen auf einer Holz- und Sägemehl-Drainage binnen weniger Tage eine hübsch anzusehende Speisepilzlandschaft sprießt. Gemäß dem Motto „das Auge isst immer mit“ ist so ein Minigewächshaus mit frischen Shiitakes oder Austernpilzen ein wirklich dekorativer Eyecatcher. Und der Koch kann quasi vor den Augen des Gastes die Pilze heraus pflücken, die für dessen Gericht dann frisch in die Pfanne kommen. So wie früher in vielen gutbürgerlichen Restaurants eine fangfrische Forelle oder Karpfen aus dem hauseigenen Aquarium serviert wurden, kann das für den Gast ein besonderes Erlebnis sein. Auf große Erntemengen kommt man da natürlich nicht gerade, aber die Anzuchtpflege ist ganz leicht und so ein Pilz-Terrarium weckt optisch auf jeden Fall viel Aufmerksamkeit.

G: Auf der Biofach-Messe in Nürnberg hatten Sie bereits vor zwei Jahren erste nach eigener Rezeptur hergestellte Convenience-Produkte auf Shiitakepilz-Basis vorgestellt. Soll und kann die Eigenproduktion von gesundheitsbewussten Fertigspeisen aus ihren Zuchtpilzen zukünftig ein weiteres wirtschaftliches Standbein werden?

D: Klar wollen wir mehr aus unseren Pilzen machen, also sie nicht nur als Frischware für andere zu züchten, sondern sie auch selbst weiter zu verarbeiten – beispielsweise als Komplettspeise im Aufwärmbeutel oder im Glas, als Snackriegel, Cracker, Bratlinge, Pilzpaddies o.ä. Wir verfolgen und beobachten aufmerksam die Entwicklung der hiesigen Veggie- und Healthfood-Produzentenszene und haben auch schon einige Testchargen mit dem Shiitake hergestellt, die gut ankamen. An markttauglichen Speiserezepturen – gerade auch mit den genannten neuen Edelpilz-Exoten – werden wir auf alle Fälle weiter feilen, was aber noch eine Weile dauert. Das Besondere an Speisepilzen ist ja, dass sie für Veganer, Veggies und Omnivoren als Lebensmittel gleichermaßen interessant sind. Insofern hätten wir für Convenience-Speiseprodukte aus unseren Zuchtexoten auch eine große Zielgruppe, was uns natürlich zusätzlich motiviert, daran intensiv weiterzuarbeiten…

Das Interview führte Mike Draegert, Oktober 2024

Exotic Mushroom Center
Gewerbepark 16
16833 Fehrbellin

Bio-Speisepilze

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