Dieser knuspernde Snack für eine manpfende Masse? Nina Quade flirtet mit der Kamera. Kein Wunder, die 44-Jährige hat an der Hochschule der Künste Design studiert und während ihrer Ausbildung dann und wann auch mal gemodelt, sie weiß also, wie man sich in Szene setzt. Nina Quade, die Popcorn-Queen, Popcorn? Sie lächelt milde und zitiert den Gastrokritiker der Los Angeles Times: „Popcorn“, hatte der mal geschrieben „befeuert den Gaumen wie ein Flipperautomat – mit einer unwiderstehlichen Geschmacks-Matrix, die sich so süß, scharf, geräuchert, knuspernd und salzig wohl kaum ein Suchtforscher hätte ausdenken können“.Ja, solche Sätze liest sie gerne. Schließlich ist sie nicht irgendeine Popcorn-Produzentin, sie macht Gourmet-Popcorn, Popcorn für Popcornaisseure.
Es begann mit einem Schüleraustausch. Sie war 16 und flog nach Kanada. Und das Heimweh flog mit. „Caramel-Popcorn war mein bester Seelentröster, sagt sie und vermutet, das schon damals irgendetwas mit ihr passiert sein musste. Sie kam zurück nach Berlin, die Seele brauchte keinen Tröster mehr, doch das Virus hielt sich hartnäckig. Aber Deutschland war nun mal kein Popcorn – Land. Also starte die Gymnasiastin erste Experimente am eigenen Herd. Jugend forscht. Viel später hat sie diese zeit mal ein bisschen poetisch-verklärt so beschrieben: „ Meine liebe zu Popcorn hat mich beim Erwachsenwerden begleitet, durch mein Studium an der Kunsthochschule, bei meiner Arbeit beim Film und als Fotografin, und als Mutter habe ich sie an meine Kinder weitergegeben.“
Immerhin war ihr ganzes Leben nicht nur Popcorn, sonst wären wohl die vier Kinder nicht auf der Welt. Doch dann kam es, wie es wahrscheinlich irgendwann kommen müsste. Nina Quade entschied, mit einer Popcorn-Bäckerei in die Selbständigkeit zu starten. Ein besonders lauter Pop, der Urknall. Da sitzt sie nun im winzigen Büro ihrer Bäckerei und lächelt versonnen. „Wollen Sie sehen, wie’s geht?“ Wir wollen, Nina Quade ist jetzt ganz die Bäckerin. „Der Mais ist bio und aus Frankreich“, erklärt sie und es geht nur mit diese Sorte, normaler Mais würde verbrennen.“ Der besondere Mais popt in ihre Maschine und in der Backstube breitet sich ein angenehmer Geruch aus, ein bisschen süß vielleicht…
Was in diesem amerikanischen Edelstahlgerät geschieht ist Physik, 5.Klasse vielleicht. Also: Ein Maiskorn setzt sich aus Stärke, Eiweiß und Wasser zusammen. Zwar ist das Korn, betrachtet man es äußerlich, trocken, innen jedoch ist immer noch ein bißchen Wasser gespeichert. Werden die Körner nun erhitzt, wandelt sich dieses Wasser in Dampf, der sich ausdehnt. Der Druck im Korn nimmt zu bis es mit einem lauten Knall platzt. Es hat gepopt. Gleichzeitig dehnen sich Stärke und Eiweiß auf ein Vielfaches aus – fertig ist das Popcorn. Courmetqualitäten jedoch haben solche Körner natürlich nicht. Die bekommen sie erst durch Nina Quades Zutaten: Salz und Pfeffer, Chili, Ingwer, Karamell, Knoblauch, Kräuter, Minze und Schokolade. Geschmacksverstärker und Co. Sind natürlich tabu. Der Suchtfaktor des gesunden Snacks ist hoch: Auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln bekam die Popcornbäckerin aus Falkensee viel Lob. Deutschland wird wohl doch langsam zum Popcornland.
Dass Popcorn aus Amerika stammt, ist unbestritten. Ob es allerdings peruanische Ureinwohner waren, die als erste Maiskörner im Feuer platzen ließen, um sie den Göttern zu opfern und Schmuck daraus herzustellen oder nordamerikanische Indianer, da sind sich die Archäologen uneins. Keinen Streit gibt es darüber, dass die Puffmaiskörner, die bei verschiedenen Ausgrabungen gefunden wurden, rund 5.000 Jahre alt sind, wenn nicht sogar älter.
Zum beliebten Snack allerdings avancierte das Popcorn erst im 19. Jahrhundert. 1885 baute Charlie Cretors, ein Amerikaner, der bereits einen Erdnussröster erfunden hatte, die erste Popcornmaschine. Straßenhändler stellten sie auf Karren und zogen damit überall dorthin, wo Menschen sich versammelten, und so wurde Popcorn zum ersten Streetfood. Schnell kam es auch ins Kino, sehr zum Leidwesen der Cineasten.
Übrigens: Dass Deutschland erst nach dem Krieg auf den poppigen Snack kam, dürfte ein Stück aus dem Reich der Legenden sein.
Popcorn Bakery
Spandauer Straße 112
14612 Falkensee
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