Baumkuchen aus Altdöbern

Ein Unternehmen in Altdöben

Im Gegensatz zu anderen Orten der Region reicht der Bekanntheitsgrad der 2.500-Einwohner-Gemeinde im Brandenburger Landkreis Oberspreewald-Lausitz ziemlich weit über die Niederlausitz hinaus. Das liegt sowohl an einer über 60 Hektar großen Parkanlage und regelmäßig dort stattfindenden Führungen und Festen (www.parksommerträume.de) als auch an einem beeindruckenden Schlossbau, der Anfang des 18. Jahrhunderts entstand und als Perle des sächsischen Barock gilt (derzeit allerdings werden die Prunkräume nach jahrelangem Leerstand von der Brandenburgischen Schlösser GmbH saniert – Besichtigungen sind erst nach Abschluss der Arbeiten möglich). Unser Ziel liegt Sichtweite von Schloss und Schlosspark, direkt am Marktplatz von Altdöben: das Café Schauwerk.

Marie Läser ist die Gründerin und Inhaberin des Schauwerks. Der Name steht für einen Familienbetrieb, der Bäckerei und Konditorei, Torten-, Eis- und Baumkuchenmanufaktur sowie ein Kaffeehaus unter einem Dach vereint. Die anfang-30-jährige gebürtige Sprembergerin, Konditormeisterin in vierter Generation, kaufte 2018 das zwar respektable, aber auch ziemlich heruntergekommene Anwesen am Altdöberner Marktplatz – immerhin stolze 2.000 Quadratmeter überbauter Fläche – sanierte Haus und Hof mit familiärer Hilfe und der Unterstützung ortsansässiger Handwerksbetriebe und eröffnete schließlich zwei Jahre später ihr Schauwerk.

Menschen, die für das Dolce Vita brennen – wenn man sie trifft, dann erkennt man sie sofort. An der Art und Weise, wie sie über Trüffel- und Schokoladenkreationen reden, sich an einer prächtigen Sachertorte oder einem schönen Mille-feuille erfreuen. Genau so jemand ist die Altdöberner Konditormeisterin Marie Läser.
Und sie trägt – wohl familiär bedingt – das Unternehmer-Gen in sich. Wie sonst ist es zu erklären, dass eine junge Frau und Mutter sich eine ruinöse 1920er-Jahre-Immobilie an den Hals holt, um daraus ein „Erlebniscafé mit Backwarenverkauf und Baumkuchenmanufaktur“ zu machen?
Das Haus am Altdöberner Marktplatz mit seinem respektabel großen Innenhof, den Seitenflügeln und dem Quergebäude, 1929 erbaut, war schon vieles: Modegeschäft, Großhandelslager, Industriewarengeschäft, Trödelmarkt – nun also ist es das „Schauwerk“ und ein Schmuckstück, das den Platz nicht nur ziert, sondern anziehend macht.

Selbst die größten Skeptiker des Läserschen Projektes – und das waren nicht eben wenige – kommen heute nicht mehr umhin, der Schauwerk-Gründerin Anerkennung zu zollen. Auch das zur Eröffnung des Schauwerks 2020 angelegte Gästebuch ist voll des Lobes für die Unternehmensgründerin und das von ihr Geschaffene. „Wir ziehen unseren Hut vor so viel Mut“, heißt es da neben vielen Formulierungen wie „eine Aufwertung für Altdöbern“, „ein neuer Treffpunkt“, „eine große Bereicherung“, „ein Geschenk für den Ort“. Wir fragen uns, was Literaturnobelpreisträger Günter Grass ins Gästebuch geschrieben hätte, wenn 1990, bei seinem Besuch hier, das Schauwerk schon am Platz gewesen wäre… Damals, notierte er: „In Altdöbern gibt es nichts. Die beiden Sägewerke haben schon vor Jahren zugemacht, die Schnapsabfüllung kürzlich. Gleich hinterm Marktplatz wird der Schornstein einer ehemaligen Bierbrauerei von Störchen bewohnt: ein tröstlicher Anblick.“ Wenigstens das.

Was macht den Altdöbener Baumkuchen so besonders?

Marie Läser, Jahrgang 1993, kennt diese Zeit nur vom Hörensagen und hat wenig Muße, sich ausgerechnet jetzt damit zu beschäftigen. Sie bittet uns in die Backstube: „Der Baumkuchen wartet nicht.“ Verstanden, denn schließlich war es diese Spezialität, die ihr den 2. Platz des pro-agro-Marketingpreises 2024 einbrachte.
Im Schnellkurs lernen wir, dass der Baumkuchen als Königsdisziplin eines Konditors gilt, dass seine Herstellung Bestandteil jeder Meisterprüfung in diesem Handwerk ist und dass er aus einer so genannten Sandmasse gefertigt wird, die wiederum aus Eiern, Butter, Mehl und Zucker besteht.
Weshalb ist der Altdöberner Baumkuchen nun etwas so Besonderes, wenn alle Konditoren im Land die gleichen Zutaten benutzen, wollen wir wissen. Die Aufklärung folgt prompt. Es gibt eine Cottbusser, Dresdener, Salzwedeler und Stettiner Masse, es gibt Masse mit und ohne Klasse, und es gibt die Altdöberner Masse.

Marie Läsers Urgroßvater, Konditormeister Gottfried Fuchs, hat sie einst aus der Taufe gehoben, natürlich eine Masse mit Klasse und einigen Zutaten, die Familiengeheimnis bleiben. Und Meister Fuchs backte seinen Baumkuchen natürlich noch auf kleiner Flamme und auch nur zu Ostern, Weihnachten und für größere Familienfeiern am Ort.
Seine Urenkelin denkt da in anderen Dimensionen, investierte in eine moderne Baumkuchenmaschine mit Gasbefeuerung und Motorantrieb und verschickt ihre Spezialität sogar in die ganze Welt.
„Lediglich auf dem Altdöberner Weihnachtsmarkt oder mal für ein Schaubacken bringen wir den historischen Ofen, der mit Birkenholz befeuert und dessen Walze mühsam von Hand gedreht werden muss, immer wieder mal in Stellung“, so Marie Läser. „Aber auch mit zeitgemäßerem Gerät bleiben wir unserer Tradition verpflichtet.“

See Also

„So freundlich ich Altdöbern und seinen Bürgern alles Gute wünsche, hier jedoch muss von gegenwärtiger Wüstenei und bevorstehender Verwüstung die Rede sein“, auch das ein Zitat aus Günter Grass’ Bericht aus Altdöbern. Geschrieben, wie gesagt, vor 34 Jahren. Seitdem sind in der Gemeinde im Brandenburger Landkreis Oberspreewald-Lausitz sicher längst nicht alle Blütenträume gereift, aber vorangegangen ist vieles schon und von „Verwüstung“ reden nur noch die Gestrigen…
Marie Läser jedenfalls ist stolz auf ihre Heimat, spricht über eine einst geschundene Landschaft, die sich nun im totalen Wandel befindet und empfiehlt uns den Besuch des Altdöberner und Gräbendorfer Sees. „Hier entwickeln sich Naherholungs- und Tourismusgebiete, die die Hinterlassenschaften des Braunkohlebergbaus bald vergessen machen“, sagt sie. „Und in nicht allzu ferner Zeit“, fügt sie hinzu, „wird das Lausitzer Seenland ebenso bekannt sein wie der Spreewald.

“Eine Entwicklung, mit der auch die Konditormeisterin und Unternehmerin Marie Läser Schritt halten will. Wie gut ihr und ihren 14 Mitarbeitern das bisher gelungen ist, belegen die vier Jahre seit Gründung des Schauwerks, in denen es zum kulinarischen Ort Nummer eins in Altdöbern avancierte. Stichworte: die hauseigene Eismanufaktur, die Keksproduktion, die Etablierung einer Schauwerk-Event-Location und – da geht der Blick schon voraus – die Eröffnung eines Hofladens für manufakturelle Lausitzprodukte…

Schauwerk
Markt 2
03229 Altdöbern

Übrigens: Dafür erhielt das Schauwerk den 2. Platz des pro-agro-Marketingpreises.

Mehr Brandenburger Spezialitäten findet ihr in diesen Beiträgen:

Platz 1 Lieblingsmist aus Falkenthal und Platz 3 Kartoffel- und andere Salate aus Neuzelle des pro-agro-Marketingspreises

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